Bornavirusinfektionen verursachen bei Menschen, Pferden und anderen Tierarten meist tödlich verlaufende Gehirnentzündungen. Die Letalität beträgt zumindest bei Menschen und Pferden mehr als 90%. Das „klassische“ Borna disease virus 1 (BoDV-1) wird von Spitzmäusen übertragen.
Obwohl sowohl das Virus als auch die Erkrankung schon sehr lange bekannt sind, war die Datenlage zur Verbreitung dieses zoonotischen Erregers bisher sehr lückenhaft und größtenteils veraltet. Nun wurde unter Leitung des Nationalen Referenzlabors für Bornavirusinfektionen der Tiere am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) die bisher umfassendste Studie zur Verbreitung des BoDV-1 veröffentlicht. Die Studie ist im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsverbundes „ZooBoCo“ durchgeführt worden. Es wurden Gehirnproben von aktuellen sowie archivierten Fällen von BoDV-1-Infektionen bei Menschen und Tieren untersucht, die gefundenen Viren genetisch typisiert und umfangreiche Hintergrundinformationen zu den Fällen gesammelt. Eine gemeinsame Analyse dieser neuen Daten in Kombination mit den bereits zuvor publizierten Fällen erlaubt nun erstmals die Festlegung von definierten Kriterien zur Identifikation von Verbreitungsgebieten, in denen ein Risiko für eine Übertragung des BoDV-1 auf Tier und Mensch besteht. Darüber hinaus liefert die Studie eine erste Übersicht über alle 46 bisher publizierten laborbestätigten BoDV-1-Infektionen beim Menschen.
Dabei konnten die bereits zuvor bekannten Verbreitungsgebiete des Virus, vor allem in südlichen und östlichen Teilen Deutschlands sowie in den begrenzten Gebieten in Österreich und der Schweiz, bestätigt werden. Anzeichen einer deutlichen Ausbreitungstendenz des Virus über die vergangenen Jahrzehnte gibt es nicht. Die verschiedenen genetischen Varianten des BoDV-1 treten in voneinander abgrenzbaren Regionen innerhalb des Verbreitungsgebiets auf. Dieser Umstand erlaubt es, anhand ihrer genetischen Signatur die Herkunft der Viren und damit die Infektionsorte von Mensch und Tier einzugrenzen. So konnte in fast allen Infektionsfällen bei Menschen der gefundene Virustyp der jeweiligen Heimatregion der Patientin oder des Patienten zugeordnet werden, was auf in der Regel wohnortnahe Infektionsquellen schließen lässt.