Am 25. April 2022 hat in Berlin die diesjährige Jahrestagung des Bundesverbands Rind und Schwein (BRS) stattgefunden. In diesem Jahr stand das Thema Agrarwende oder Agrarwandel? im Fokus.
Dazu eingeladen waren als Rednerin die Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, Dr. Ophelia Nick (Bündnis 90/ Die Grünen) sowie weitere Vertreter der politischen Parteien. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion diskutierten sie über die verschiedenen Programme und Ideen der Parteien sowie über die weitere Umsetzung der Umstrukturierung der Nutztierhaltung in Deutschland nach dem Vorschlag der Borchert-Kommission. Dieser von weiten Teilen der Landwirtschaftlichen Verbände mitgetragene Konsens wird aktuell von der Bundesregierung nicht weiterverfolgt. Dies stößt zumindest bei den Landwirten auf Unverständnis und Verärgerung, nicht zuletzt da sie vor allem eine rasche Planungssicherheit benötigen. Dies verdeutlichte auch der Vortrag von Stefan Leuer von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Er beschrieb darin die aktuelle und aufgrund der stark steigenden Produktionskosten alles andere als rosige Marktsituation und die Folgen für die Tierhaltung in Deutschland.
Zuvor hatte aus aktuellem Anlass bereits der Wirtschaftsprüfer und Agrarökonom Dr. Christian Janze von Ernst & Young auf die Notwendigkeit einer regionalen Wertschöpfung und die globale Ernährungssicherung aufmerksam gemacht. Dazu gehört für ihn auch die Nutzung von Weideflächen zur Fleischproduktion. „Wir können es uns nicht leisten, von der Fleischproduktion abzulassen“, so Janze. Zumal auf bestimmten Flächen ohnehin kein Ackerbau, sondern max. Weidehaltung betrieben werden kann und Weideflächen mit die einigen CO2-Speicher sind, über die Deutschland verfügt.
Auch hinsichtlich des ökologischen Fingerabdrucks und der Wertschöpfungskette müsse erstmal bewiesen werden, wie gut vegane oder vegetarische Produkte oder neue Technologien wie Laborfleisch abschneiden. In seinen Augen ist bei der Fleischproduktion vor allem die Haltungsform entscheidend, um über die Fleischproduktion im herkömmlichen Sinne urteilen zu können.
Zudem leisten Nutztiere auch einen wichtigen Anteil bei der Düngung, was hinsichtlich des Russland-Ukraine-Konfliktes nochmal zusätzlich an großer Bedeutung gewinnt, da Russland den meister Dünger weltweit produziert. Ein Ausbleiben der Exporte werde die Welternährungssituation noch einmal deutlich verschärfen. Gleichzeitig wirkt sich der Konflikt bereits negativ auf den Getreideexport aus.
Die globale Ernährungssicherung wird weiterhin verschärft durch den globalen Klimawandel, der mit Dürren und anderen Wetterextremen für große Ernteausfälle weltweit sorgen wird, sowie durch die rasant wachsende Weltbevölkerung. Die größten Verlierer sind hier der afrikanische Kontinent sowie Asien.
Daher müsse die Agrarreform wohl überlegt sein und bestimmte Beschlüsse nochmal überdacht und an die neue Situation angepasst werden.
Dieser Forderung schloss sich auch der BRS-Vorsitzende Georg Geuecke an, der in seiner Abschlussrede nochmal die große Notwendigkeit der Planungssicherheit für Landwirte bekräftigte und die Politik aufforderte, zu den Ergebnissen der Borchert-Kommission zurückzukehren. „Ernährungssicherheit ist ein Muss“, so Geuecke. „Wir Landwirte sind uns unserer Verantwortung jeden Tag bewusst und wir arbeiten danach.“
Abschließend forderte er auch die verantwortlichen Politiker auf, dies zu tun: „Überdenken Sie jeden Tag, was Sie tun, Sie sind gewählt dafür!“
von Dr. Julia Henning