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Saugferkelkastration mittels Schmerzmittel

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Intervet Deutschland GmbH

Deutschland geht neue Wege bei der Ferkelkastration

In der EU werden jedes Jahr rund 100 Millionen (> 80 %) männliche Ferkel chirurgisch kastriert, um die Ausbildung des so genannten Ebergeruchs zu verhindern. Allein in Deutschland sind derzeit jedes Jahr mehr als 20 Millionen Ferkel betroffen. Obwohl die chirurgische Kastration einen äußerst schmerzhaften Eingriff darstellt, geschah dies bislang ohne Betäubung oder die Gabe von schmerzlindernden Arzneimitteln. Zwar ist die betäubungslose Kastration in der ersten Lebenswoche gemäß der EU-Richtlinie 2001/93/EG und dem Tierschutzgesetz § 5 LINK in Deutschland und den übrigen EU-Mitgliedsländern zulässig und üblich, doch nehmen gerade in letzter Zeit die Proteste von Seiten der Tierschützer und Verbraucher dagegen zu. Derzeit existieren jedoch keine praxistauglichen Alternativen. Daher haben sich jetzt die Schweineproduzenten und der Einzelhandel in Deutschland freiwillig darauf geeinigt, Ferkel fortan nicht mehr ohne die Gabe von schmerzlindernden Mitteln zu kastrieren. Hiernach sollen Landwirte mit Beginn des 2. Quartals 2009 die Kastration nur noch in Verbindung mit der routinemäßigen Anwendung eines Schmerzmittels durchführen dürfen. Die Umsetzung dieser Vereinbarung soll umgehend über die QS Qualität und Sicherheit GmbH erfolgen, da in Deutschland mittlerweile gut 80% der Sauen "QS-Sauen" sind.

Behörden, Verwaltung und Pharmaindustrie haben bereits begonnen, die Rahmenbedingungen für die Umsetzung zu schaffen. Dazu zählt auch die Zulassung eines für diese Indikation geeigneten Schmerzmittels, um die zum gegenwärtigen Zeitpunkt notwendige Arzneimittelumwidmung und die damit beim Tierarzt verbleibende Haftung aufzuheben (Details siehe Kapitel "Saugferkelkastration in Deutschland"). Als schmerzlindernde Arzneimittel sollen so genannten nicht-steroidale Antiphlogistika ( NSAID) wie Flunixin eingesetzt werden (Details siehe Kapitel "Prae- und postoperatives Schmerzmanagement mit Flunixin").

Schweineproduzenten und Einzelhandel in den Niederlanden und Belgien haben sich dagegen geeinigt, Ferkel in 2009 nur noch unter einer CO2/O2-Narkose zu kastrieren. Die Schweiz setzt dagegen fortan auf die Kastration unter Isofluran. Ziel ist es jedoch sowohl in Deutschland wie auch in anderen Ländern der EU, künftig vollkommen auf die chirurgische Kastration zu verzichten, so bald es praxistaugliche Alternativen gibt (Details siehe Kapitel "Status Quo in der EU & mögliche künftige Alternativen").

Um dieses Anliegen voran zu bringen, wurde das internationale Projekt PIGCAS in Leben gerufen. Aufgabe war es, sowohl den derzeit praktizierten Status quo bei der Ferkelkastration bzw. der Ferkelaufzucht in den einzelnen EU-Mitgliedsländern zu erfassen, als auch den derzeitigen Wissensstand über die Alternativen zusammen zu tragen. Anschließend sollen Empfehlungen für das künftige Vorgehen ausgesprochen werden.

In diesem Fokusthema finden Sie Informationen zum Status quo in der EU und speziell in Deutschland hinsichtlich der chirurgischen Ferkelkastration. Es wird darin sowohl ausführlich auf die derzeitige Zwischenlösung der chirurgischen Ferkelkastration unter schmerzstillenden Mitteln als auch auf andere mögliche Alternativen der Gegenwart und der Zukunft eingegangen.

Grundsätzliches*zu Ebergeruch & Kastration

Ferkelkastration mittels Halterung / Copyright MSD Tiergesundheit

Mit Einsetzen der Geschlechtsreife im Alter von etwa 5 Monaten entwickelt sich bei männlichen Schweinen der typische Ebergeruch, der von den Verbrauchern vor allem bei der Zubereitung und beim Verzehr von Schweinefleisch wahrgenommen und als abstoßend empfunden wird. Der dabei entstehende urinähnliche Geruch wird vor allem durch das Steroidhormon Androstenon hervorgerufen (Langhoff 2008).

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Die Ursache des fäkalähnlichen Geruchs ist Skatol (3-Methylindol), ein im Darm produziertes bakterielles Abbauprodukt der Aminosäure Tryptophan. Skatol ist nicht völlig geschlechtsspezifisch, tritt aber vermehrt bei unkastrierten männlichen Tieren auf, da die Aktivität des Enzyms, das Skatol abbaut, durch hohe Konzentrationen von Androstenon reduziert wird (Andresen 2006). Seine Bildung lässt sich jedoch im Gegensatz zu Androstenon durch Haltung und Fütterung beeinflussen (Jensen et al. 1995, Langhoff 2008).

Chirurgische Kastration
Durch die weltweit verbreitete chirurgische Kastration männlicher Ferkel wird die Bildung des Ebergeruchs zuverlässig verhindert. Unter dem Begriff Kastration wird allgemein die Ausschaltung sowohl der endogenen als auch germinativen Funktion der Keimdrüsen (Gonaden) verstanden. Dadurch wird zum einen die Fortpflanzungsfähigkeit des Individuums aufgehoben. Zum anderen wird die Synthese der Sexualhormone und die Ausbildung bzw. Rückbildung der damit verbundenen geschlechtsspezifischen Merkmale verhindert bzw. bewirkt. Dies kann chirurgisch durch operatives Entfernen der Keimdrüsen, durch Bestrahlung oder durch die Gabe bestimmter Arzneimittel bzw. Hormone (Immunokastration, s. Kap. 2.4.) erfolgen. Letzteres ist in der Regel reversibel.

Die chirurgische (operative) Kastration von Saugferkeln wurde in Deutschland sowie in vielen anderen Ländern der EU bislang in den ersten 7 Lebenstagen ohne Betäubung und ohne den Einsatz von Schmerzmitteln durchgeführt. Dazu wird das Ferkel auf dem Rücken mit Beinen nach vorne fixiert, der Hodensack (Skrotum) mit Desinfektionslösung besprüht, die Hoden einer nach dem andern nach hinten (kaudal) gedrückt, mit einem Schnitt mit dem Skalpell in Längsrichtung der Hoden freigelegt, vorgedrückt und dann der jeweilige Samenstrang samt Blutgefäßen und Nerven durchtrennt. Als Infektionsprophylaxe wird die Wunde mit Spray oder Suspension versorgt. Ein Abbinden und Vernähen der Hautwunde ist nicht notwendig. Anschließend wird das Ferkel in der Regel ohne eine weitere schmerzlindernde Behandlung wieder in die Bucht entlassen.

Schmerz*& Schmerzverhalten der Ferkel

Ferkel verkriecht sich auf Grund von starken postoperativen Schmerzen / Copyright MSD Tiergesundheit

Die bislang übliche chirurgische Kastration ohne Schmerzlinderung ist ein für die Tiere mit erheblichen Belastungen, Schmerzen und Leiden verbundener Eingriff (Baumgartner 2008).

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Die Schmerzwahrnehmung beginnt mit den Nozizeptoren, die spezifisch auf noxische Reize reagieren. Sie finden sich in der Haut, der Muskulatur, den Gelenken und fast allen Organen des Körpers außer dem ZNS. Die Nozizeptoren im Bereich des Hodens befinden sich weniger im Organparenchym, als vielmehr in den umgebenden Hüllen und der Haut. Weiterhin gibt es so genannte periphere Nozizeptoren, die erst nach einer tatsächlichen Gewebeschädigung durch die sich anschließend entwickelnde Entzündungsreaktion, die mit der Freisetzung von Entzündungsmediatoren einhergeht, sensibilisiert werden.

In Folge der Schmerzwahrnehmung kommt es zur so genannten Nozifension. Sie setzt sich aus der bewussten Änderung des Verhaltens, den unbewusst ablaufenden Motorreflexen, Reaktionen des autonomen Nervensystems und endokrinen Antworten zusammen (Thalhammer 2006).

Dies ist zum einen an einer Veränderung der Lautäußerung und des Verhaltens sowie an physiologischen Parametern zu erkennen (Hay et al. 2003, Baumgartner 2008, Langhoff 2008). So zeigen die Tiere nach der Kastration geringere Aktivität, Zittern und Schwanzzucken sowie Schonungsverhalten beim Abliegen (Baumgartner 2008) (Abbildungen 4 und 5). Aber auch verringerte Säugezeit, selteneres Stehen und vermehrtes Liegen nach der Kastration sind deutliche Anzeichen für Schmerz (Thornton et al. 1999). Gleichzeitig besitzen die kastrierten Tiere eine erhöhte Reizschwelle.

Die Dauer dieser Verhaltensänderungen weist bei unbehandelten Tieren auf ein Andauern der Schmerzen von 2-3 Tagen oder sogar bis zu einer Woche hin. Die Annahme, dass junge Tiere ein geringeres Schmerzempfinden hätten als ältere, hat sich inzwischen als falsch erwiesen (Baumgartner 2008). Jedoch besitzen Neugeborene im Unterschied zu erwachsenen Menschen ein eher ungerichtetes Schmerzverhalten, das überwiegend auf Vermeidung eines erneuten Schmerzreizes aus ist. Wegen dieser Passivität wird dieses Verhalten fälschlicher-weise oft als „mangelndes Schmerzempfindungsvermögen“ interpretiert (Zöls 2006).

Untersuchungen der physiologischen Parameter haben ergeben, dass es unter Streß- und Angstzuständen zu einer Freisetzung der Catecholamine Adrenalin und Noradrenalin kommt (Vorwallner 2003). Vorwallner (2003) beobachtete im Anschluss an die Kastration eine signifikante Erhöhung der Catecholamine, was als Streß, Leiden und Mangel an Wohlbefinden gedeutet werden kann. Als physiologischer Parameter wird außerdem das Stresshormon Cortisol herangezogen, das zeitversetzt zum Schmerzereignis ansteigt (White et al. 1995; Horn et al. 1999; Prunier et al. 2005). So wiesen Thornton et al. (1999) eine erhöhte Kortisol-Konzentration im Serum binnen einer Stunde nach der Kastration nach, die erst nach acht Stunden wieder der unkastrierter Tiere entsprachen. Auch Zöls (2006), Schulz et al. (2007), Zankl (2007) und Langhoff (2008) konnten in ihren Untersuchungen bei gleichem Handling der Ferkel einen signifikanten Unterschied der Cortisolwerte zwischen kastrierten und unkastrierten Ferkeln ausmachen.

Wundheilung & Dauer der postoperativen Schmerzen
Die Dauer, in der das Tier nach der Kastration Schmerzen empfindet, hängt vom Heilungsprozess der durch die Kastration gesetzten Wunde (Entzündung) ab. Junge Tiere weisen eine schnellere und komplikationslosere Wundheilung auf als ältere (Lackner 2003, Baumgartner 2008). Dies liegt im Falle der chirurgischen Kastration aber auch daran, dass die Kastrationswunden bei Tieren, die in der ersten Lebenswoche kastriert werden, kleiner sind als bei älteren Tieren. Die kleineren Wunden neigen weniger zu Infektionen und Wundheilungsstörungen (Lackner 2003, Heinritzi et al. 2006). In jedem Fall kommt es durch die chirurgische Kastration jedoch zu einer schmerzhaften Entzündungsreaktion. Diese postoperativ auftretenden Schmerzen können durch so genannte Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID) mit starker analgetischer Wirkung erheblich gelindert werden.
Details siehe Kapitel "Prae-und postoperatives Schmerzmanagment mit Flunixin".

Saugferkelkastration*in Deutschland ab 2009

Equipment für die Kastration / Copyright MSD Tiergesundheit

Tierschutzbestimmungen
In den Ländern der EU ist die chirurgische Kastration durch die EU-Richtlinie 2001/93/EG, die die Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen regelt, bei Ferkeln während der ersten 7 Lebenstage ohne Betäubung erlaubt. Die Kastration stellt jedoch sowohl bei Neugeborenen ebenso wie bei Adulten einen schmerzhaften Eingriff dar, der auch danach zu anhaltenden Schmerzen führt (EU Richtlinie 2001/93/EG, Zöls 2006, Langhoff 2008). Kastrationen nach dem 8. Lebenstag dürfen nur unter Betäubung und dem Einsatz von schmerzstillenden Arzneimitteln von einem Tierarzt durchgeführt werden. Die Richtline 2001/93/EG ist in Deutschland durch das Tierschutzgesetz §5 in nationales Recht umgesetzt.

Dort heißt es aber auch: "An einem Wirbeltier darf ohne Betäubung ein mit Schmerzen verbundener Eingriff nicht vorgenommen werden. … Ist nach den Absätzen 2,3 und 4 Nr. 1 eine Betäubung nicht erforderlich, sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Schmerzen oder Leiden der Tiere zu vermindern."

Absatz 3, 1a: "Eine Betäubung ist … nicht erforderlich für das Kastrieren von unter acht Tage alten männlichen Schweinen, sofern kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt."

2009: Deutschland geht neue Wege
Im vergangenen Jahr hat sich die Arbeitsgruppe Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz für die Gabe von Entzündungshemmern mit starker analgetischer Wirkung bei der chirurgischen Kastration ausgesprochen. "Eine kastrationsbegleitende Behandlung ist insbesondere geeignet, den postoperativen Schmerz und die damit verbundende Belastung wirkungsvoll zu verhindern", so Dr. Friedhelm Jaeger, Vorsitzender der AG Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz in einem Brief vom 2.6.2008 an Verbände, Kammern und Veterinärbehörden. Diesem Vorschlag hat sich die Agrarministerkonferenz auf ihrer Sitzung am 26. September 2008 in Meißen angeschlossen und von der Bundesregierung den Einsatz von Entzündungshemmern mit starker analgetischer Wirkung bei der chirurgischen Kastration als Standardverfahren gefordert (Hellwig 2008, Schrade und Planz 2008). Die Kosten für dieses Vorgehen liegen pro Ferkel bei wenigen Cent (Westfleisch – Informationen für Landwirte 12/2008). Gegen die Umwidmung beim Schwein zugelassener Entzündungshemmer mit starker schmerzlindernder Wirkung für das Indikationsgebiet im Rahmen der Vorgaben des § 56a AMG bestehen nach Auffassung von Bund und Ländern keine arzneimittelrechtlichen Einwände (Schrade und Planz 2008).
Daraufhin hat auch der Fachbeirat der QS Qualität und Sicherheit GmbH im Oktober 2008 den verpflichtenden Einsatz von Entzündungshemmern mit starker schmerzlindernder Wirkung bei der Ferkelkastration beschlossen.

Auf dieses Vorgehen haben sich am 29.9.2008 auch der Deutsche Bauernverband (DBV), der Verband der Fleischwirtschaft (VDF) und der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) in ihrer "Düsseldorfer Erklärung" geeinigt.

Die Schmerzbehandlung soll solange durchgeführt werden, bis ein praxistaugliches Verfahren zur Verfügung steht, bei welchem gänzlich auf die Kastration verzichtet werden kann. Bei der Suche nach Alternativen muss neben geschmacklich einwandfreiem Fleisch das oberste Ziel jedoch die Sicherheit von Verbraucher, Erzeuger und Tier sein.

Bis dahin sollen im 1. Quartal 2009 nun aber zumindest die Voraussetzungen für eine routinemäßige Anwendung von Entzündungshemmern wie Flunixin mit starker analgetischer Wirkung durch den Tierhalter bei der Ferkelkastration geschaffen werden, um diese mit Beginn des 2. Quartals 2009 bei der Kastration von Saugferkeln routinemäßig anwenden zu können.

Details siehe Kapitel "Prae- und postoperatives Schmerzmanagement mit Flunixin".

Prae- und postoperatives Schmerzmanagement mit Flunixin

Injektion des Schmerzmittels Finadyne / Copyright

Da es noch keine praxistauglichen Alternativen zur chirurgischen Kastration von Saugferkeln gibt, haben sich Erzeuger und Einzelhandel in Deutschland darauf geeinigt, Ferkel ab 2009 zwar weiter ohne Betäubung, dafür aber unter dem Einsatz eines Entzündungshemmers mit starker schmerzlindernder Wirkung zu kastrieren (Details siehe Kapitel Saugferkelkastration in Deutschland ab 2009). Während Narkotika und Anästhetika über eine induzierte Bewusstlosigkeit zu einer kurzzeitigen Schmerzausschaltung führen, lindern so genannte "starke Analgetika" oder als "Nicht-steroidale Antiphlogistika" ("non steroidal anti inflammatory drugs" = NSAID) bezeichnete Präparate, die unmittelbar vor der Kastration verabreicht werden, über viele Stunden die postoperativen Schmerzen. Sie greifen dazu an verschiedenen Mechanismen der Schmerzentstehung und -weiterleitung oder peripher im Bereich der Schmerzrezeptoren an (Kietzmann et al. 2002; Löscher 2006).

Z.B. wirkt Flunixin bei Kolik-bedingten Schmerzen (beim Pferd) und vor allem bei entzündlich bedingten Schmerzen (z.B. bei MMA bei der Sau) und wird auch oft postoperativ eingesetzt.

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Der Einsatz von NSAID bei der chirurgischen Kastration lindert den Wundschmerz und die Entzündungserscheinungen bis 24 Stunden nach der Kastration. Das wirkt sich außerordentlich positiv auf das Verhalten der Tiere aus (kein Trauern und Flankenzittern, schnellere Rückkehr an das Gesäuge). Gegen den "scharfen Operationsschmerz" hat dagegen selbst die Gabe 15 Minuten vor der Kastration wenig Einfluss. Ergebnisse einer aktuellen Dissertation von Langhoff (2008) zeigen jedoch, dass die genannten Präparate die Stress-durch-Schmerz-bedingte Cortisolausschüttung im Vergleich zu Tieren, die keinen Entzündungshemmer mit starker analgetischer Wirkung bekommen hatten, signifikant senken. Außerdem zeigen medikierte Ferkel nach der Kastration wesentlich seltener Anzeichen kastrationsbedingter Schmerzen wie Hängenlassen des Schwanzes und Positionswechsel. In der Arbeit heißt es: "Die mit Flunixin vorbehandelten Tiere unterscheiden sich bereits nach einer Stunde bezüglich der kastrationsbedingten Schmerzhinweise nicht mehr von den unkastrierten Tieren" (Langhoff 2008).

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Status quo*in der EU & mögliche Alternativen

Ferkel in der Bucht / Copyright MSD Tiergesundheit

Etwa 80 % der 100 Millionen in der EU zur Welt kommenden männlichen Ferkel werden während ihrer ersten 7 Lebenstage chirurgisch kastriert. In Deutschland sind fast alle der über 20 Millionen männlichen Ferkel betroffen. Dagegen werden in Portugal nur ca. 11 % und in Spanien 33 % der männlichen Ferkel kastriert. Großbritannien und Irland verzichten sogar fast vollständig auf eine Kastration und setzen auf die Ebermast.

Dabei handelt es sich um die Mast unkastrierter Ferkel, die noch vor der Geschlechtsreife im Alter zwischen 150 und 170 Tagen geschlachtet werden. Das Schlachtkörpergewicht solcher Tiere ist entsprechend geringer und beträgt etwa 70-80 kg (Baumgartner 2008, Heinritzi et al. 2008). Zum Vergleich: In Deutschland beträgt das durchschnittliche Schlachtgewicht von chirurgisch kastrierten Ferkeln derzeit etwa 110 kg. Durchschnittlich sind etwa 4,5% der unkastrierten Tiere dennoch geruchsbelastet, wobei der Anteil der belasteten Tiere im Sommer nur etwa 1% beträgt, während ihr Anteil im Frühling und im Herbst auf 7-9% ansteigt (Schulze-Horsel 2008). Bei der Schlachtung von Jungebern müssten also so genannte „elektronische Nasen“ eingesetzt werden, die in der Lage sind, Schlachtkörper mit Geruchsabweichungen sicher aufzuspüren. Solche "elektronischen Nasen" werden derzeit zur Marktreife entwickelt. Die Vermarktungswege von Eberfleisch und die Verbraucherakzeptanz müssten zuvor sorgfältig abgeklärt werden. In jedem Fall ist beim Abwägen des Pro und Contra der Ebermast stets die ethische Frage einer noch kürzeren Lebensdauer von Mastschweinen zu bedenken.

Vorteile von unkastrierten Tieren gegenüber kastrierten sind neben vermindertem Leid durch die Kastration niedrigere Produktionskosten durch eine bessere Futterverwertung, verminderte Schadstoffausscheidung über den Kot, Aggressivitätsminderung, leichterer Umgang mit den Tieren, vereinfachte Haltung (männliche und weibliche Tiere können gemeinsam gehalten werden), magerere Schlachtkörper sowie die Verbesserung einiger Kriterien der Fleischqualität (Bonneau und Squires 2001).

Lokalänästhesie
In Norwegen dürfen Ferkel bereits seit August 2002 nur noch von qualifizierten Tierärzten und unter Lokalanästhesie kastriert werden (Langhoff 2008). Dies wird überwiegend durch eine subkutane und intratestikuläre Injektion eines Lokalanästhetikums umgesetzt. Von 2009 an wird die chirurgische Kastration in Norwegen voraussichtlich generell verboten (Baumgartner 2008). Zöls et al. (2006) und Zankl (2007) konnten in ihren Untersuchungen jedoch durch die intratestikuläre Injektion von Lokalanästhetika keine Linderung für die Tiere erkennen. Die Forderung nach einer Verringerung der Schmerzen bei der Kastration von Saugferkeln wird durch die intratestikuläre Lokalanästhesie nicht erfüllt, da zwischen anästhesierten und nichtanästhesierten kastrierten Tieren anhand der Cortisolkonzentration kein Unterschied hinsichtlich der endogenen kastrationsbedingten Schmerzreaktion nachzuweisen ist. Zudem ist die Injektion des Lokalanästhetikums selbst mit Schmerzen für das Tier verbunden (Horn et al. 1999, Baumgartner 2008). Waldmann et al. (1994) beschreiben, dass sowohl die intratestikuläre, als auch die subkutane Injektion von Butanilicain zu erheblichen Abwehrreaktionen führt.

Inhalationsnarkose
In der Schweiz war es den fachkundigen Personen (Landwirten) bis jetzt gestattet, ihre Ferkel ohne Betäubung während der ersten zwei Lebenswochen zu kastrieren (Artikel 65 Absatz 2 Tierschutzverordnung). Ab 2009 soll auch dort nur noch eine Kastration unter Narkose gestattet sein. Die Schweiz setzt dabei im Gegensatz zu den Niederlanden auf den Einsatz des Inhalationsnarkotikums Isofluran und die zusätzliche Verabreichung von schmerzlindernden Arzneimitteln (Details siehe Kapitel Prae- und postoperatives Schmerzmanagement mit Flunixin). Jedoch hat der Schweizer Bundesrat die Übergangsfrist für das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration bis Ende 2010 verlängert (Hellwig 2008).

Die gesamte niederländische Erzeugerkette hat sich ab 2009 für eine chirurgische Kastration unter Einsatz eines Gasgemisches (CO2/O2) entschieden. Nachteile sind der apparative Aufwand und die Möglichkeit des Entstehens eines malignen Hyperthermie-Syndroms bei empfindlichen Tieren (Heinritzi et al. 2006).

Weiterhin geben Experten zu bedenken, dass es bei der Verwendung des CO2/O2-Gemisches zu erheblichem Stress durch Erstickungsangst auf Grund des hohen CO2-Gehaltes kommen dürfte. In Untersuchungen zeigten die Ferkel bei der Narkoseeinleitung Stress und Unruhe, was sich in einer stark erhöhten Atemfrequenz, Maulatmung und mehr oder weniger starken Exzitationen bemerkbar macht. Nach Meinung von Kohler et al. (1998) ist die forcierte Atmung eine physiologische Reaktion auf den erhöhten CO2-Gehalt in der Atemluft.

Darüber hinaus verlängert sich der Zeitaufwand pro kastriertem Ferkel von etwa 15 Sekunden ohne Narkose auf gut 3 Minuten mit Narkose. Bei der Kastration von 50 Ferkeln macht das einen Unterschied von 2,5 Stunden aus (Bauer 2008b). Heinritzi et al. (2006) setzen die verlängert Gesamtdauer der Kastration mit Inhalationsnarkose mit 153 Sekunden gegenüber 38 Sekunden ohne Narkose an.

Darüber hinaus müssen die durchführenden Personen eine entsprechende Geräteschulung absolvieren als auch über eine medizinische Fachkenntnis verfügen, um Narkosetiefe, Kreislauffunktionen und Körpertemperatur zu überwachen. Die konsequente Kastration unter Narkose soll bei Ferkelerzeugern über ein spezielles IKB-Audit zertifiziert und überwacht werden (Westfleisch – Informationen für Landwirte 12/2008). In Deutschland dürfen solche Narkosen bei Nutztieren derzeit ausschließlich von Tierärzten durchgeführt werden.

Weiterer Nachteil der Kastration unter Narkose ohne Schmerzmittelgabe ist das Fehlen einer schmerzlindernden Wirkung (Flechtner 2008). Narkosen sind zur Schmerzlinderung generell untauglich, da die Schmerzausschaltung in direktem Zusammenhang mit der Bewusstlosigkeit steht (Löscher 2006). Die Cortisolwerte (siehe Kapitel Schmerz & Schmerzverhalten der Ferkel) der Tiere entsprechen bereits 30 Minuten nach der Kastration unter Isofluran-Narkose den Werten der Tiere, die ohne Narkose kastriert wurden (Schulz et al. 2007). Auch die bei Tieren unter CO2/O2-Narkose gemessenen Cortisol- und β-Endorphinwerte weisen nicht darauf hin, dass die Belastung dieser Tiere wesentlich geringer ist als bei solchen, die ohne eine solche Narkose kastriert wurden (Baumgartner 2008).

Gegen den massenhaften Einsatz von Isofluran spricht außerdem die starke Umweltbelastung, da es sich um ein potentes Treibhausgas handelt (Flechtner 2008).

Immunokastration
Die so genannte Immunokastration beruht auf der Hemmung der Entwicklung der Hoden. Durch die zweimalige Applikation eines Wirkstoffs wird die Bildung von Antikörpern induziert, die sich gegen das endogene "Gonadotropin Releasing Hormone" ( GnRH) wendet. Dadurch wird die hormonelle Stimulation der Hoden um ein Vielfaches vermindert und die Produktion des Geschlechtshormons Androstenon gehemmt (siehe auch Kapitel Grundsätzliches zu Ebergeruch & Kastration). Dadurch ist es möglich, unkastrierte Eber zu mästen und damit sämtliche mit der Ebermast verbundenen Produktions-, Haltungs- und Umweltvorteile zu nutzen (Dunshea et al. 2001, Jaros et al. 2005). Der Wirkstoff ist in der EU bislang nicht zugelassen, hingegen wird er in Australien, Neuseeland und einigen südamerikanischen Ländern bereits seit längerer Zeit angewendet.

Nachteil der Immunokastration sind der große Arbeitsaufwand und die erhöhten Anforderungen an das Handling bei der "2. Impfung", da es sich bei den zu impfenden Tieren ja um 80-90 kg schwere Eber handelt. Auch wird bezweifelt, dass die hohen Kosten der beiden Impfungen durch die wirtschaftlichen Vorteile der Ebermast wett gemacht werden. Zudem steht noch die Klärung des Risikos einer versehentlichen Selbstapplikation aus. Es ist davon auszugehen, dass der Wirkstoff beim Menschen in der gleichen Art und Weise wirkt wie beim Eber. Ob die vom Hersteller in die Applikationsgeräte integrierten Vorbeugemaßnahmen im Sinne des Arbeitsschutzes ausreichend sind, bleibt im Rahmen der Zulassung zu klären.

Sperma-Sexing
Das Ziel dieses Ansatzes ist es, das Ebersperma nach den Geschlechtschromosomen X und Y zu sortieren und nur die X-Chromosomen für eine weibliche Nachzucht zu verwenden. Allerdings befindet sich die Geschlechtsbestimmung mittels Durchflusszytometrie zum heutigen Zeitpunkt noch im experimentellen Stadium und kann bislang nicht kommerziell eingesetzt werden. Dies ist auch in absehbarer Zukunft nicht zu erwarten (Johnson et al. 2005).

Gegenwärtig erlaubt die Methode eine Klassifikation von 15 Millionen Spermien pro Stunde. Eine Portion Ebersperma enthält jedoch 1,5-2 Milliarden Spermien (Heinritzi et al. 2008). Darüber hinaus ist bei diesem Ansatz auch mit ethischen Bedenken zu rechnen. Zudem besteht in der Mast ausschließlich weiblicher Tiere der Nachteil, dass sie eine schlechtere Futterverwertung haben und Schlachtkörper mit geringeren Magerfleischanteilen als intakte Eber produzieren.

Steckbrief Saugferkelkastration

Saugende Ferkel / Copyright MSD Tiergesundheit

In der EU werden jedes Jahr rund 100 Millionen (> 80 %) männliche Ferkel chirurgisch kastriert, um die Ausbildung des so genannten Ebergeruchs zu verhindern. Allein in Deutschland sind derzeit jedes Jahr mehr als 20 Millionen Ferkel betroffen. Obwohl die chirurgische Kastration einen äußerst schmerzhaften Eingriff darstellt, wurde dieser bislang ohne Betäubung oder die Gabe von schmerzlindernden Arzneimitteln durchgeführt.

Auf Grund zunehmender Proteste von Seiten der Tierschützern und sinkender Akzeptanz von Seiten der Verbraucher, haben sich die Erzeugergemeinschaften und der Einzelhandel in Deutschland darauf geeinigt, Ferkel künftig nur noch in Verbindung mit der Gabe von schmerzlindernden Arzneimitteln zu kastrieren, um den postoperativ auftretenden Kastrationsschmerz zu lindern.

Dazu eignen sich nicht-steroidale Entzündungshemmer (NSAID) mit starker analgetischer Wirkung. Zu ihnen zählen die Wirkstoffe Flunixin und Meloxicam, die beide den Wundschmerz und die Entzündungserscheinungen bis 24 Stunden nach der Kastration stark lindern. Das wirkt sich außerordentlich positiv auf das Verhalten der Tiere aus. Sie zeigen keine Anzeichen von Trauern, kein Flankenzittern und kehren nach der Kastration schneller wieder an das Gesäuge zurück, als Ferkel, die ohne solche schmerzlindernden Entzündungshemmer kastriert wurden. Die Kosten für dieses Vorgehen liegen pro Ferkel bei wenigen Cent.

Beide Wirkstoffe sind zwar für den Einsatz beim Schwein zugelassen, die Zulassung für die Indikation "Saugferkelkastration" steht jedoch noch aus. Es ist aber davon auszugehen, dass diese in Kürze erteilt wird. Bis es soweit ist, können Tierärzte die für Schweine zugelassenen NSAID umwidmen.

Erklärtes langfristiges Ziel ist es jedoch, auf die Ferkelkastration in Zukunft ganz zu verzichten. Derzeit fehlen jedoch entsprechende praxistaugliche Alternativen, weshalb die Kastration bei gleichzeitiger Gabe schmerzlindernder Entzündungshemmer eine tierschutzgerechte Übergangslösung darstellt, die von der QS Qualität und Sicherheit GmbH derzeit empfohlen und wohl in Kürze vorgeschrieben sein wird. In Deutschland sind mittlerweile gut 80% der Sauen "QS-Sauen".

Frequently Asked Questions

Warum sollen Ferkel künftig in Deutschland nur noch unter Einsatz von schmerzlindernden Mittel kastriert werden?

Die chirurgische Kastration stellt für Ferkel wie erwachsene Tiere nachgewiesener Maßen einen äußerst schmerzhaften Eingriff dar. Dies ist zum einen an einer Veränderung der Lautäußerungen und des Verhaltens sowie an physiologischen Parametern zu erkennen (z.B. Anstieg von Cortisolwerten im Blut).

Aus Mangel an praxistauglichen Alternativen war es in Deutschland und anderen Ländern der EU bislang üblich, Ferkel ohne Betäubung und ohne Gabe von schmerzlindernden Mitteln zu kastrieren. Zunehmender Druck von Tierschützern und Verbrauchern hat nun aber die Schweineerzeuger sowie den Einzelhandel veranlasst, Ferkel fortan nur noch in Verbindung mit der Gabe von Entzündungshemmern mit starker analgetischer Wirkung gegen die postoperativ auftretenden Schmerzen zu kastrieren. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass sich dieses Vorgehen außerordentlich positiv auf das Verhalten der Tiere auswirkt (kein Trauern und Flankenzittern, schnellere Rückkehr an das Gesäuge). Die mit Flunixin vorbehandelten Tiere unterscheiden sich bereits nach einer Stunde bezüglich der kastrationsbedingten Schmerzäußerungen nicht mehr von den unkastrierten Tieren.

Welche Präparate stehen zur Verfügung und wie wirken Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID)?

Als stark schmerzlindernde Arzneimittel sind für Schweine die Wirkstoffe Flunixin und Meloxicam zugelassen. Bei beiden Präparaten handelt es sich um Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID), die an verschiedenen Mechanismen der Schmerzentstehung und -weiterleitung oder peripher im Bereich der Schmerzrezeptoren angreifen.

Das Produkt von MSD Tiergesundheit besitzt eine starke analgetische Komponente und ist außerdem fiebersenkend, entzündungshemmend und antitoxämisch wirksam. Die Schmerzausschaltung erfolgt über die Hemmung der Cyclooxygenase, eines wichtigen Enzyms im Stoffwechsel der Entzündungsmediatoren (Arachidonsäurestoffwechsel). Die Cyclooxygenase ist für die Umwandlung von Arachidonsäure zu zyklischen Endoperoxiden verantwortlich. Dadurch wird die Synthese von Eicosanoiden verhindert. Sie sind wichtige Mediatoren von Entzündungsprozessen und für die zentral gesteuerte Fieberentwicklung, die Schmerzempfindung und die entzündliche Gewebereaktion verantwortlich. Durch seine Effekte auf die Arachidonsäurekaskade verhindert Flunixin-Meglumin auch die Bildung von Thromboxan, einem während der Blutgerinnung freigesetzten Förderer der Thrombozytenaggregation und Vasokonstriktor. Der antipyretische Effekt von Flunixin wird durch Hemmung der Prostaglandin E2 Synthese im Hypothalamus erreicht. Da Flunixin-Meglumin eine große Affinität zu Entzündungsgewebe besitzt, werden 12-24 Stunden nach der intramuskulären Verabreichung Konzentrationen erreicht, die bis zum 4-fachen über dem Plasmaspiegel liegen. Dies bewirkt, dass die Chemotaxis und Prostaglandinsynthese für mehr als 24 Stunden unterdrückt wird. Die Bioverfügbarkeit beträgt 93,6%, wobei maximale Serumkonzentrationen bereits nach 25 Minuten erreicht werden.

Wann, wie viel und wie wird der Wirkstoff Flunixin den Ferkeln verabreicht?

Der Einsatz eines NSAID bei der chirurgischen Kastration lindert den Wundschmerz und die Entzündungserscheinungen bis 24 Stunden nach der Kastration. MSD Tiergesundheit empfiehlt auf Grund der Ergebnisse von Langhoff (2008) den Wirkstoff Flunixin. Es sollte dem Ferkel einige Minuten bis unmittelbar vor der Kastration verabreicht werden. Dazu ist bislang jedoch noch eine Umwidmung des Arzneimittels (sowie auch für alle anderen für das Schwein zugelassenen NSAIDs) für die Indikation

Welche Haltung haben Vermarkter, Fleischindustrie und Behörden zur Anwendung/ Umwidmung der Nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAID) zur Schmerzlinderung?

Da das QS-System mit dem Beginn des 2.Quartals 2009 den Einsatz von Mitteln zur Schmerzbehandlung bei der Kastration von Ferkeln verpflichtend vorschreibt, sind nun die zuständigen Behörden und Verwaltungen sowie die Pharma-Unternehmen gefordert, die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Bis die Zulassung für die Indikation Kastration beim Ferkel vorliegt, sollen Hoftierärzte Wirkstoffe wie Flunixin für die Anwendung bei Ferkeln durch den Landwirt umwidmen und für 30 Tage auf Vorrat verschreiben dürfen. Dieser Vorgehensweise, die auf Vorschlag der Arbeitsgruppe Tierschutz der Länder erarbeitet und präzisiert wurde, hat sich die Agrarministerkonferenz am 26. September auf ihrer Sitzung in Meißen angeschlossen, da gegen die Umwidmung beim Schwein zugelassener Entzündungshemmer mit starker schmerzlindernder Wirkung für das Indikationsgebiet im Rahmen der Vorgaben des § 56a AMG nach Auffassung von Bund und Ländern keine arzneimittelrechtlichen Einwände bestehen. Die Kosten pro Ferkel liegen bei wenigen Cent.

Gibt es derzeit andere Alternativen?

Nein. Derzeit existieren keine anerkannten, praxistauglichen Alternativen zur chirurgischen Kastration, um den unerwünschten Ebergeruch zuverlässig zu verhindern. Zwar wurde die Forschung nach Alternativen in den letzten Jahren sowohl national wie international intensiviert. So wurde z.B. das Projekt PIGCAS ins Leben gerufen, dessen Ziel es ist, den derzeit praktizierten Status quo bei der Ferkelkastration bzw. der Ferkelaufzucht in den einzelnen EU-Mitgliedsländern zu erfassen, als auch den derzeitigen Wissensstand über die Alternativen zusammen zu tragen, um anschließend Empfehlungen für das künftige Vorgehen zu geben. Bis es soweit ist, haben sich die deutschen Schweineerzeuger und der Einzelhandel jedoch für die Zwischenlösung

Literatur

1 Boar taint related compounds: Androstenone/skatole/other substances.

  Andresen, O. (2006).
  Acta Vet. Scand. 48: 5.


2 Die Kastration männlicher Ferkel - Methoden und Bewertung

  Baumgartner, J.
  Nutztierschutztagung 29. Mai 2008


3 Use of entire males for pig meat in the European Union.

  Bonneau, M.
  Meat Science 49(suppl. 1), S257–S272


4 Nutzung von Ebern in der Schweinemast.

  Bonneau, M. und E. J. Squires
  Praktischer Tierarzt 82: 11, 948–961


5 Pheromone.

  Claus, R. (1994).
  In: F. Döcke (Hrsg). Veterinärmedizinische Endokrinologie. G. Fischer, Jena, 3. Auflage: 699-705


6 Vaccination of boars with a GnRH vaccine (Improvac) eliminates boar taint and increases growth performance.

  Dunshea, F. R. , C. Colantoni, K. Howard, I. McCauley, P. Jackson, K. A. Long, S. Lopaticki, E. A. Nugent, J. A. Simons, J. Walker and D. P. Hennessy
  J. Anim. Sci. 79: 2524-2535.


7 Risiken und Konsequenzen eines großflächigen Isofluran-Einsatzes bei der Ferkel-Kastration.

  Flechner, O. (2008).
  SWISSMEDIC
  Website


8 Assessment of pain induced by castration in piglets : behavioral and physiological responses over the subsequent 5 days.

  Hay, M., A. Vulin, S. Génin ,P. Sales, A. Prunier.
  Appl. Anim. Behav. Sci. 2003, 82: 201-218.


9 Alternativen zur Kastration von Saugferkeln, Bestimmung von Katecholaminen sowie Wundheilung nach Kastration von Saugferkeln zu unterschiedlichen Zeitpunkten.

  Heinritzi, K., M. Ritzmann, W. Otten (2006).
  Dtsch. Tierärztl. Wschr. 113: 94-97.


10 Alternativen zur konventionellen Ferkelkastration in Europa – Stand der Forschung.

  Heinritzi, K., R. Langhoff, A. Zankl, C. Schulz, S. Elicker, A. Palzer, M. Ritzmann und S. Zöls (2008).
  Prakt. Tierarzt 89: 8, 654-663


11 Kastration von männlichen Ferkeln.

  Hellwig, E.-G. (2008).
  Schweinepraxis 25/2008, S. 58-62


12 Verhalten von Ferkeln während der Kastration mit und ohne Lokalanästhesie.

  Horn, T., G. Marx, E. von Borell (1999).
  Dtsch. Tierärztl. Wschr. 106: 271-274.


13 Effect of active immunization against GnRH on androstenone concentration, growth performance and carcass quality in intact male pigs.

  Jaros, J., E. Bürgi, K.D.C. Stärk, R. Claus, D. Hennessy, R. Thun (2005).
  Livestock Prod. Sci. 92: 31-38.


14 Microbial production of skatole in the hind gut of pigs fed different diets and its relation to skatole deposition in backfat.

  Jensen, M.T. , R.P. Cox und B.B. Jensen (1995).
  J. Anim. Sci. 61: 293-304.


15 Preselection of sex of offspring in swine for production: current status of process and its application.

  Johnson, L.A., D. Rath, J.M. Vazquez, W.M. Maxwell und J.R. Dobrinsky (2005).
  Theriogenology 63, 615-624.


16 Pharmakologie der Entzündung und der Allergie.

  Kietzmann, M., R. Scherkl und R. Schulz (2002).
  In: H.-H. Frey und W. Löscher (Hrsg). Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin. Thieme Verlag, Stuttgart, 2. Auflage: 318-344


17 Allgemeinnarkose für die Ferkelkastration: Vergleich der Halothan- Inhalationsnarkose mit Kohlendioxid (CO2).

  Kohler, I., Y. Moens, A. Busato, J. Blum, U. Schatzmann (1998).
  Zbl. Vet. Med. A 45: 625-633.


18 Untersuchungen zur Schmerzhaftigkeit und der Wundheilung bei der Kastration männlicher Ferkel zu unterschiedlichen Kastrationszeitpunkten.

  Lackner, A. (2003).
  Diss. med. vet., München


19 Untersuchungen über den Einsatz von Schmerzmitteln zur Reduktion kastrationsbedingter Schmerzen beim Saugferkel.

  Langhoff, R. (2008).
  Diss. med. vet., München


20 Pharmaka mit Wirkung auf das Zentralnervensystem.

  Löscher W. (2006).
  In: W. Löscher, F.R. Ungemach, R. Kroker (Hrsg.). Pharmakotherapie bei Haus- und Nutztieren. Parey-Verlag, Stuttgart, 7. Auflage: 63-124.


21 Neue Wege für die Kastration männlicher Ferkel.

  Pflanz, W. (2008).
  Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg, LSZ


22 Effects of castration, tooth resection, or tail docking on plasma metabolites and stress hormones in young pigs.

  Prunier, A., A.M. Mounier und M. Hay (2005).
  Anim. Sci. 83: 216-222.


23 Aktuelle Entwicklungen in der Diskussion um die chirurgische Kastration männlicher Ferkel.

  Schrade, H. und W. Pflanz (2008).
  Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg, LSZ


24 Auswirkung einer Isofluran-Inhalationsnarkose auf den Kastrationsstress und die postoperativen Kastrationsschmerzen von Ferkeln.

  Schulz, C. (2007).
  Vet. med. Diss. München.


25 Auswirkung einer Isofluran-Inhalationsnarkose auf den postoperativen Kastrationsschmerz von Ferkeln.

  Schulz, C., M. Ritzmann, A. Palzer, K. Heinritzi und S. Zöls (2007).
  Berl. Münch. Tierärztl. Wochenschr. 120: 177-182.


26 Vortrag: Möglichkeiten zur Vermeidung des Kastrationsschmerzes bei Saugferkeln.

  Schulze-Horsel, T. (2008).
  TGD der Landwirtschaftskammer NRW


27 Ferkelkastration mit Isoflurannarkose.

  Sidler , X. (2006).
  Tagung


28 Genetics of boar taint: implications for the future use of intact males.

  Squires, E. J. (1999).
  Proc. from the 1999 Annual Conference and Meeting of the National Swine Improvement Federation (NSIF), 24: Des Moines, Iowa, 16.-17.11.1999


29 Schmerz vs. Nozizeption.

  Thalhammer, J. G. (2006).
  Wissenschaftliches Symposium


30 Quantification of the pain and distress responses to castration in young lambs.

  Thornton, P. D. und A. E. Watermann-Pearson (1999).
  Res. Vet. Sci. 66 (2): 107-118


31 Untersuchungen zur Catecholaminkonzentration bei der Kastration von Saugferkeln.

  Vorwallner, H. (2003).
  Inaugural –Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Veterinärmedizin an der Freien Universität Berlin


32 Ferkelkastration - Schmerzempfindung und Schmerzausschaltung.

  Waldmann, K.H., K. Otto, W. Bollwahn (1994).
  Dtsch. Tierärztl. Wschr. 101: 105-109.


33 Vocalization and physiological response of pigs during castration with or without a local anesthetic.

  White, R., J. Deshazer, C. Tressler, G. Borcher, S. Davey, A. Waninge, A. Parkhurst, M. Milanuk und E. Clemens (1995).
  J. Anim. Sci. 73 (2): 381-386


34 Untersuchungen zur Wirksamkeit und Gewebeverträglichkeit von Lokalanästhetika bei der Kastration männlicher Saugferkel.

  Zankl, A. (2007).
  Vet. med. Diss. München.


35 Einsatz einer Lokalanästhesie bei der Kastration von Ferkeln.

  Zöls, S. (2006). Möglichkeiten der Schmerzreduzierung bei der Kastration männlicher Saugferkel. Vet. med. Diss. München. Zöls, S., M. Ritzmann und K. Heinritzi (2006).
  Tierärztliche Praxis Großtiere 2006 34 2: 103-106.