Aufbau & Struktur
Das Virus der Infektiösen Bronchitis (IBV) des Huhns ist ein hochkontagiöses, einsträngiges RNA des Genus Coronavirus aus der Familie der Coronaviridae. Coronaviren sind stark wirts- und gewebsspezifisch. Beim Geflügel befallen sie bevorzugt die Epithelzellen der Atemwege und des Magen-Darm-Trakts sowie den Legedarm und die Nieren.
Das IBV ist von kugelförmiger bis pleomorpher Gestalt mit einem Durchmesser zwischen 60 - 120 nm. Damit sind sie die größten RNA-Viren. Ihre Vermehrung findet intrazellulär in der Wirtszelle im Zytoplasma statt. Die virushaltigen Bläschen (Vesikel) verschmelzen anschließend mit der Zellmembran der Wirtszelle und werden so frei gesetzt (Johne et al. 2006, Mayr und Kaaden 2007). Die Virus-RNA befindet sich innerhalb des Nukleokapsids, das umgeben ist von einer doppelschichtigen, verschiedene Fette enthaltenden (lipophilen) Virushülle. Aus der Virushülle ragen keulen- oder blattförmige Glykoproteine, sogenannte Peplomere oder Spikes hervor. Sie sind aus zwei Untereinheiten S1 und S2 aufgebaut (King und Cavanagh 1991) und essentiell für die Infektiosität des Virus und seine Vermehrung (Replikation). Weiterhin sind sie es, die bei einer Infektion das Immunsystem des Wirts zur Produktion von spezifischen Antikörpern anregen (spezifische Immunreaktion). Das bedeutet, dass die spezifische Antigenität der einzelnen Virusvarianten (Serotypen) von den Spikes bzw. ihrer Aminosäuresequenz abhängt (Cavanagh et al. 1988). Das erklärt auch den teilweise zu beobachtenden Serotyp- übergreifenden Schutz, den man sich bei der Optimierung der Impfprogramme zu Nutze machen kann (Details s. Kapitel Serotypen).
Serotypen
Die Zahl der weltweit bekannten IBV-Serotypen ist groß und es entstehen ständig neue. Unter einem Serotyp wird eine Variante innerhalb einer Unterart von Bakterien oder Viren verstanden. Dabei besitzt jeder Serotyp eigene antigenetische Eigenschaften, die durch seine Oberflächenproteine definiert werden, die quasi den "Fingerabdruck" eines Erregers darstellen. Dieser Fingerabdruck ist maßgeblich für das Erkennen oder das Nichterkennen eines Erregers durch das Immunsystem verantwortlich.
Derzeit werden in europäischen Ländern mit Erkrankungen oder Leistungseinbußen vor allem folgende Serotypen nachgewiesen:
Der große Nachteil bei Erregern, von denen viele Serotypen existieren und immer wieder neue entstehen, ist, dass in der Regel nur Impfstoffe wirksam sind, die speziell gegen die jeweiligen Serotypen entwickelt wurden (homologe Impfstoffe). Die durch sie induzierte Immunität richtet sich nur gegen den im Impfstoff enthaltenen Serotyp.
Da sich die Serotypen des IBV nun aber häufig nur gering in der Aminosäuresequenz der Untereinheit S1 der Spikes unterscheiden, während große Teile des Virusgenoms der Serotypen weiter übereinstimmen, erzeugen einige Serotypen auch Kreuzimmunitäten. Das bedeutet, sie bieten einen Serotyp-übergreifenden (heterologen) Schutz bei den Tieren.
Dies macht man sich bei der Erstellung der Impfprogramme zu Nutze (Details siehe Kapitel Impfprogramme), in dem Serotypen mit dominanten antigenetischen Eigenschaften bevorzugt verwendet werden. Solche Serotypen werden auch als Protektotypen bezeichnet (Terrigino et al. 2008). Zu ihnen zählen z.B. die Serotypen Ma5 und 4/91. Durch die kombinierte Verwendung mehrerer solcher Protektotypen innerhalb eines Impfprogrammes (Lebensvakzinen), wie sie von MSD Tiergesundheit mit den Protektotypen Ma5 und 4/91 angeboten wird, kann ein noch breiterer Schutz erzielt werden (Malo et al. 1998, Cook et al.1999, Terregino et al. 2008).
Küken mit IBV |
''IBV-Eier'' |
Schwerpunkt der Bekämpfung der hochkontagiösen Infektiösen Bronchitis (IB) der Hühner liegt in der Durchführung bewährter Impfprogramme und zusätzlichen hygienischen Maßnahmen.
Allgemeines zu IB-Schutzimpfungen
Generell ist bei der Impfung von Geflügel folgendes zu beachten: 1. Bei der Ausarbeitung der Impfprogramme müssen der Antikörperstatus (maternale, postinfektionelle und postvakzinale Antikörper) sowie bereits absolvierte Impfungen berücksichtigt werden.
2. Die zu impfende Herde sollte eine epizootiologische Einheit bilden (gleiche Herkunft, gleiches Alter, ausgeglichener Entwicklungsstand).
3. Zum Impfzeitpunkt müssen die Tiere gesund sein und die Stressbelastung sollte minimiert werden.
4. Haltung und Fütterung sind zusätzlich zu optimieren, da Haltungs- und Fütterungshygiene, mitentscheidend für den Impferfolg sind (Details s. Kap. LINK).
Das Ziel jeder aktiven Impfung ist die Erzeugung einer belastbaren Immunität durch die Verabreichung der sogenannten Impfantigene. Ihre Aufgabe ist es, im Organismus eine hohe Antikörperproduktion (humoral und lokal) zu provozieren und die unspezifische Abwehr stark und anhaltend zu stimulieren. Dafür stehen gegen die IB verschiedene sowohl Lebendimpfstoffe (beinhalten vermehrungsfähige Viren) als auch Totimpfstoffe (Viren sind inaktiviert) zur Verfügung.
Lebendimpfstoffe
In Lebendimpfstoffen verwendete Impfstämme sind zwar vermehrungsfähig, aber entweder nur in einem sehr geringen Maß infektiös (avirulent) oder sie wurden so weit abgeschwächt, dass sie keine Erkrankung des Impflings mehr hervorrufen können.
Der Vorteil von Lebendimpfstoffen besteht zum einen aus seiner wenig aufwendigen, lokalen Verabreichung (oral, enteral, konjunktival, nasal, tracheal, kloakal) mittels Trinkwasser, Pipette, Spray, Aerosol, Spatel oder Pinsel. Zum anderen stimuliert die Vermehrung der Erreger im Organismus das Immunsystem im Vergleich zu Totimpfstoffen deutlich stärker, selbst bei kleinen Impfdosen (Redmann et al. 1992), nicht zuletzt, da zusätzlich eine lokale Immunität am Impfort provoziert wird. Weiterhin ist die Impfung verhältnismäßig kostengünstig.
Nachteile von Lebendvakzinen sind zum einen die teilweise schlechte Dosierbarkeit (z.B. über das Trinkwasser) und die mögliche, wenn auch meist nur kurzfristige Virusausscheidung mit dem Kot und die damit verbundene Virusstreuung (Redmann et al. 1992; Woernle und Hafez 1992; Wittig 1996). Geimpfte und nicht geimpfte Tiere sind daher voneinander zu trennen.
Von MSD Tiergesundheit stehen zurzeit mehrere IBV-Lebendimpfstoffe zur Verfügung, die jeweils einen Impfserotyp (H120, Ma5, IB 4/91) enthalten. Sie können alleine oder innerhalb eines kombinierten Impfprogramms eingesetzt werden.
Totimpfstoffe
Die Totimpfstoffe enthalten abgetötete, nicht mehr vermehrungsfähige Erreger sowie Adjuvantien (Aluminiumhydroxid, Öle), um die Immunreaktion zu verstärken. Sie werden im Geflügelbereich häufig nach vorangegangener Impfung mit einem Lebendimpfstoff zur Festigung und Aufrechterhaltung des Impfschutzes (Boosterung) eingesetzt (Cavanagh 2003). Die höchsten Antikörperkonzentrationen können erzielt werden, wenn zwischen der letzten Lebendimpfung und der Totimpfung 4-6 Wochen liegen. Die geimpften Tiere scheiden das Impfvirus nicht aus und stellen somit keine Gefahr für nicht geimpfte Tiere dar (Redmann et al. 1992; Wittig 1996).
Weitere Vorteile sind eine gleichmäßige Immunitätsausbildung bei sicherer Dosierung, da Totimpfstoffe generell parenteral verabreicht werden müssen. Dafür ist die Impfung mittels Injektion ganzer Herden mit hohem Aufwand und großem Stress für die Tiere verbunden.
Hygienemaßnahmen
Die regelmäßige und vollständige Räumung des Stalles und gründliche Stalldesinfektion vor jeder Neueinstallung von Küken ("all in, all out") sollte selbstverständlich sein. Da das IBV als behülltes Virus nur eine geringe Widerstandsfähigkeit gegenüber der Umwelt (Tenazität) besitzt, wird es von fettlösliche Substanzen wie Äther, Chloroform, Formalin und Oxidationsmittel zuverlässig inaktiviert und verliert seine Infektiosität. Auch Säuren mit einem pH-Wert < 3 inaktivieren die meisten IBV-Stämme innerhalb weniger Stunden, ebenso wie starke Laugen mit einem pH-Wert > 12.
Zur Reinigung und Desinfektion eignen sich daher alle gängigen, fettlöslichen Desinfektionsmittel. Weiterhin wird das Virus binnen 15 Minuten bei 56°C und nach 90 Minuten bei 45°C zuverlässig abgetötet.
Legehennen sind aufgrund der langen Verweildauer im Bestand und des Risikos durch Personenverkehr (Eiersammeln) von einer Infektion besonders bedroht. Eine befriedigende Absicherung gelingt nur durch vorbeugende Impfung der Tiere.
| Lebendimpfstoff | Totimpfstoff | ||
Zeitpunkt der Impfung | 1. Tag | 14. Tag | 6.-10. Woche | 16.-18. Woche |
| IB Ma5 | - | IB 4/91 | Massachusetts |
Kann auch als Kombinationsimpfstoff zusammen mit anderen Impfviren wie z.B. ND verwendet werden.
Impfung von Masthühnern
Ziel der IB-Impfung von Masttieren ist es, klinische Krankheitssymptome sowie wirtschaftliche Verluste durch reduzierte Gewichtszunahmen und eine verzögerte Entwicklung zu verhindern.
Impfungen mit Lebendimpfstoffen können in Abhängigkeit von der Situation vor Ort bereits ab dem 1. Lebenstag als Spray in der Brüterei oder später auch über das Trinkwasser durchgeführt werden.
Oftmals ist eine einzige Impfung ausreichend, doch bei persistierenden Problemen wird die Impfung teilweise auch wiederholt. Der Abstand zwischen zwei Lebendimpfungen sollte mindestens 2 Wochen betragen.
Impfbeispiel für Masthühner
| Lebendimpfstoff | |
Zeitpunkt der Impfung | 1. Tag | 14. Tag |
| IB Ma5 | IB 4/91 |
Kann auch als Kombinationsimpfstoff zusammen mit anderen Impfviren wie z.B. ND verwendet werden.
Welches sind typische klinische Symptome der Erkrankung?
Typische Symptome bei infizierten Hühnern sind
? Atemwegserkrankungen
? Nierenschäden
? Totalverluste
? Reduzierte Mastleistung
? Reduzierte Legeleistung
? Schlechte Eiqualität (dünnschalig, missgebildet, Längs- und Querrillen in der Schale, entfärbt, wässrig)
? Erhöhte
Wie kann ich die Krankheit bekämpfen?
Da es sich um eine Viruserkrankung handelt, ist eine Therapie der Krankheit nicht möglich. Umso mehr Bedeutung kommen daher den prophylaktischen Impfungen und dem Ergreifen von hygienischen Maßnahmen zu. Dazu gehören die regelmäßige und vollständige Räumung des Stalles und gründliche Reinigung sowie Desinfektion vor jeder Neueinstallung von Küken (
Welche Vorsorgemaßnahmen kann ich treffen?
Als vorbeugender Schutz hat sich die aktive Impfung der Tiere bewährt. Das Ziel jeder aktiven Impfung ist die Erzeugung einer belastbaren Immunität durch die Verabreichung der sogenannten Impfantigene. Ihre Aufgabe ist es, im Organismus eine hohe Antikörperproduktion (humoral und lokal) zu provozieren und die unspezifische Abwehr stark und anhaltend zu stimulieren.
Dafür stehen gegen die IB verschiedene sowohl Lebendimpfstoffe (beinhalten vermehrungsfähige Viren) als auch Totimpfstoffe (Viren sind inaktiviert) zur Verfügung, die in bewährten Impfprogrammen zum Einsatz kommen.
So werden vor allem eine Schädigung des Legedarms und die Entwicklung von sogenannten
Welche Tiere können geimpft werden und wie oft?
Um die Folgen einer Infektion mit dem IB-Virus zu verhindern, sollten Legehennen, Zuchttiere und Masthähnchen geimpft werden. Legehennen und Zuchttiere müssen je nach verwendeten Impfstoffen 3 oder 4 Mal geimpft werden, Masttiere nur 1 oder bei persistierenden Problemen 2 Mal im Abstand von 14 Tagen. Die erste Impfung erfolgt bereits am Tag des Schlupfs in der Brüterei als Spray.
Warum sollten Legehennen erst mit einem Lebendimpfstoff und anschließend mit einem Totimpfstoff geimpft werden?
Lebendimpfstoffe sind unkompliziert zu verabreichen, kostengünstig und rufen eine starke lokale Immunität hervor. Nachteilig ist jedoch, dass die geimpften Tiere u.U. Viren über den Kot ausscheiden und streuen können.
Totimpfstoffe müssen dagegen unter Umgehung des Verdauungsapparates (parenteral) verabreicht werden. Sie haben den Vorteil einer guten Dosierbarkeit und werden zur Boosterung von Impfungen mit Lebendimpfstoffen verwendet, wodurch ein langanhaltender Schutz erzielt wird. Innerhalb eines solchen Impfprogramms, das aus Lebend- und Totimpfstoffen besteht, können verschiedene Impftypen verwendet werden, um den Schutz der Tiere zu verbreitern.
Infectious-bronchitis.com
Englischsprachige Website zum Thema Infektiöse Bronchitis.
OIE
Zusammenfassung der OIE mit den Schwerpunkten Diagnostik und Anforderungen an Impfstoffe.
Merck Veterinary Manual
Eintrag in das The Merck Veterinary Manual
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Geflügelkrankheiten
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