Einleitung Die Paratuberkulose ist eine Rinderkrankheit, die insbesondere in den USA bedeutende wirtschaftliche Verluste hervorruft. Der Erreger, Mycobakterium avium subsp. paratuberculosis (MAP), verursacht neben einer chronisch progressiven
Enteritis mit all ihren Folgen auch bei
inapparent infizierten Tieren Sterilitäten und einen Rückgang der Milchleistung. Die amerikanische Milchwirtschaft schätzte die durch die Paratuberkulose verursachten Verluste im Jahr 1999 auf $ 200 ?250 Millionen.
Beobachtungen und Erfahrungsberichte deuten auf einen Zusammenhang zwischen einer MAP-Infektion und dem Bodentyp, auf dem die Rinder gehalten werden, hin. Ziel dieser Studie war es, diesen vermuteten Zusammenhang nachzuweisen und zu verstehen. Dadurch ließen sich große Fortschritt bei den Bekämpfungsprogrammen erzielen.
Für eine landwirtschaftliche Nutzung des Bodens ist seine Qualität entscheidend. Die Qualität setzt sich u.a. aus Gefälle, Drainagefähigkeit, Durchlässigkeit, pH-Wert und Frostpotential zusammen. Die Überlebensfähigkeit von Mikroorganismen im Boden hängt meistens von mehr als einem der genannten Faktoren ab.
Material und Methoden Für die Studie wurden die Daten von ELISA ? Paratuberkulose - Untersuchungen verwendet, die zwischen 1998 und 2002 in nördlichen und zentralen Landesteilen des US-Bundesstaates Indiana durchgeführt wurden. 72 Prozent der untersuchten Herden, die zuvor geographisch kodiert wurden, waren Milchrinder, 23 Prozent Fleischrinder und 5 Prozent gemischte Herden. Dann wurde jede Herde mit den Bodenqualitätspunkten dieser Region korreliert, in dem jeweils die Mittelwerte für Gefälle, Struktur, Niederschlag, Oberflächenwasser, Grundwasserspiegel, Drainage, Feuchtigkeit, Korrosionsfähigkeit (Beton, Stahl) und pH-Wert des Bodens ermittelt wurde.
Es wurden nur Betriebe in die Studie eingeschlossen, in denen mindestens 20 Tiere der Herde (n = 92) untersucht worden sind. Der
ELISA-Test für die Untersuchung auf Paratuberkulose-Antikörper besitzt bei einer
Spezifität von 99 Prozent nur eine
Sensitivität von ca. 45 Prozent. Die Herdensensitivität wurde aber durch die Untersuchung von mindestens 20 Tieren des Bestandes, bei einer angenommenen
Prävalenz von 20 Prozent, auf 99 Prozent angehoben. So konnte mit 99 Prozent Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass betroffene Herden auch identifiziert wurden.
Die Herden wurden durchschnittlich 6 x im Abstand von 1,7 Jahren untersucht. Die auf diesem Wege ermittelte
Prävalenz der Paratuberkulose in den Herden reichte von 0 ? 81 Prozent (Median: 8,8 Prozent).
Für die statistische Auswertung wurde in dieser Studie die Scan Statistik verwendet. Das ist ein Test, mit dem regionale Häufungen (Cluster) von Ereignissen, in diesem Falle von Paratuberkulose-Infektionen, bestimmen werden können. Dazu wird ein Fenster über die geographische Karte gelegt, und die
Prävalenzen in diesem Fenster mit den durchschnittlichen Prävalenzen abgeglichen. So werden Regionen ermittelt, in den die Prävalenzen über bzw. unter dem Durchschnitt liegen.
Die so entstandenen Cluster wurden dann mit den Bodenqualität in Korrelation gesetzt.
Ergebnisse Mit der Scan Statistik wurden signifikante Cluster sowohl mit einer höheren MAP -Seroprävalenz als der Durchschnitt (Cluster 1) als auch mit einer niedrigeren bzw. gleichen MAP -Seroprävalenz (Cluster 2) identifiziert. Bei 17 Herden wurde eine höhere MAP -Seroprävalenz (Cluster 1) festgestellt, bei den übrigen 15 untersuchten Herde, war sie gleich oder unterdurchschnittlich (Cluster 2).
Die
bivariate logistische Regression innerhalb der Cluster mit den verschiedenen Bodentypen ergab signifikante Zusammenhänge mit drei Bodeneigenschaften:
Treibsand*anteil, Sandanteil und Drainage.
Bei Herden aus Gegenden, die einen geringen Treibsandanteil, Lehmboden oder Sand-Lehmboden aufwiesen, konnte ein signifikant höheres Risiko für eine erhöhte Seroprävalenz für Paratuberkulose festgestellt werden. Wurden die Herden dagegen auf Treibsand-Lehmböden gehalten, war das Risiko bis zu 80 Prozent geringer.
Erfolgte die Auswertung nach einem
multivariaten Verfahren, ergab sich nur für Herden, die auf Böden mit geringem Treibsandanteil gehalten wurden, ein erhöhtes Risiko für eine Paratuberkulose-Infektion.
Diskussion Die Auswertung der Daten dieser Studie weist ganz deutlich einen Zusammenhang zwischen Bodenqualität und überdurchschnittlicher Seroprävalenz von
Antikörpern gegen die Paratuberkulose auf. Und zwar hat insbesondere der
Treibsandgehalt hat einen signifikanten Einfluss auf die MAP Seroprävalenz.
Der Durchfluss von Wasser ist in sandigen Böden höher, so dass der pH-Wert und die Sättigung mit schwachen Basen geringer ist. M. avium subsp. paraturberculosis ist acidophil und kann daher in Böden mit niedrigem pH-Wert besser überleben. Zusätzlich bieten Böden mit einem hohen organischen Anteil? wie z.B. lehmige Sandböden ? gute Überlebensbedingungen für Mykobakterien.
Die Fähigkeit von MAP, in bestimmter Umgebung zu überleben, scheint ein wichtiger
epidemiologischer Faktor zu sein. Bei entsprechenden Bedingungen können die Bakterien bis zu einem Jahr im Boden überleben. Um die Infektionsrate zu vermindern und Paratuberkulose-Bekämpfungsprogramme zu unterstützen, sollte der Bodenkontakt von Kälber und das Weiden von Kühen auf kontaminierten Flächen verhindert werden.
Die Daten für diese Studie waren nicht zufällig verteilt. Der Anteil an Milchviehherden war deutlich größer. Die Bedeutung der Paratuberkulose in der Milchwirtschaft ist vermutlich ebenfalls größer als in der Fleischproduktion. Der Produktionszweig scheint aber keine Bedeutung für die MAP-Seroprävalenz zu haben.
Bei der Betrachtung der Ergebnisse muss allerdings berücksichtigt werden, dass lehmige Böden auf Grund ihres Reichtums an organischem Material für die landwirtschaftliche Nutzung sehr geeignet sind. Daher könnten diese bei den Daten eventuell überrepräsentiert sein. Fehlende Assoziationen mit anderen Bodentypen könnten so durch mangelnde Daten aus anderen, landwirtschaftlich kaum genutzten Gegenden zustande gekommen sein.
Außerdem muss bei der Interpretation der Ergebnisse auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass die oben beschriebenen Zusammenhänge von MAP und Bodenqualitäten auch durch andere geographische Ursachen bedingt sein könnten. So findet z.B. durch Handel bedingter Tierverkehr eher in benachbarten Gebieten statt, wodurch das Infektionsgeschehen sich ebenfalls in der näheren Umgebung abspielt, wodurch eine regionale Häufung zu erklären wäre.
Weitere Studien sind nötig, um diese Fragen zu klären.
* Treibsand setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen: Sand und Wasser. Ein verhängnisvolles Gemisch, das auf allen Kontinenten der Welt zu finden ist. Treibsand entsteht, wenn sich Wasser mit losem Sand vermischt. Kann das Wasser nicht wieder abfließen, beginnen die Sandkörner zu schwimmen.