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Assistenten in der tierärztlichen Praxis - bpt-Podiumsdiskussion in Hannover

Von links nach rechts: Dr. S. Moder, Mario Beck, Lisa Leiner, Christina Hucklenbroich, Dr. Rüdiger Marx, Hubertus Keimer und Sven Isenberg
Von links nach rechts: Dr. S. Moder, Mario Beck, Lisa Leiner, Christina Hucklenbroich, Dr. Rüdiger Marx, Hubertus Keimer und Sven Isenberg


Am 26. Januar 2016 fand an der Tierärztlichen Hochschule Hannover eine vom bpt initiierte Podiumsdiskussion über die berufliche Situation der Assistenztierärzte in Deutschland statt. Als Diskussionspartner waren eingeladen

  • Dr. Siegfried Moder (bpt-Präsident)
  • Mario Beck (Praxisassistent)
  • Dr. Rüdiger Marx (Praxisinhaber)
  • Christina Hucklenbroich (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
  • Hubertus Keimer (Dessauer Zukunftskreis)
  • Lisa Leiner (VetStage Karriereportal)
  • Sven Isenberg (Vétoquinol GmbH)

„Dann geht man eben nachts putzen“

Gehälter angestellter Tierärzte, Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen werden seit vielen Jahren heiß diskutierte, ohne dass sich die Bedingungen für Anfangsassistenten in der Praxis wesentlich verändert hätten. Der Artikel „Dann geht man eben nachts putzen“ von Tierärztin und Wissenschaftsjournalistin Christina Hucklenbroich, der 2009 in der FAZ erschienen ist und sich auf die Ergebnisse der Dissertation von Bettina Friedrich bezieht, brachte damals die Diskussionen ins Rollen.
Friedrich hat darin die berufliche und private Situation tierärztlicher Praxisassistentinnen und –assistenten in Deutschland (2006) untersucht und teilweise katastrophale Verhältnisse gefunden.

Gehaltsempfehlungen können nur ein erster Schritt sein

Inzwischen gibt es zwar dankenswerter Weise Gehaltsempfehlungen vom bpt und der BTK, die Empfehlungen sind für die Arbeitgeber jedoch weder verpflichtend noch bindend.

Aber nicht nur in den Praxen und Kliniken fühlen sich die Assistenten häufig ausgenutzt, auch in den Universitäten gibt es diesbezüglich Missstände, wie die jüngsten Geschehnisse an der Universität München und Leipzig gezeigt haben.

Dass etwas getan werden muss, darüber waren sich sowohl die Podiumsteilnehmer als auch die Anwesenden einig. Jedoch wurden auf dieser Veranstaltung die Ansprüche und Erwartungen beider Seiten erörtert. Nicht zuletzt deswegen, um durch mehr Information und mehr Verständnis für die „Gegenseite“, den Dialog zu fördern.

Während die Assistenten die Arbeitszeiten, die Arbeitsbelastung und die meist geringe Entlohnung häufig als Ausbeutung empfinden, tragen die Inhaber die Verantwortung, unterliegen wirtschaftlichen Zwängen und verdienen nicht selten kaum mehr als ihre Assistenten, allerdings ohne bezahlten Urlaub oder gar Überstundenabgeltung. Hinzu kommt, dass ein Assistent –insbesondere ein Anfangsassistent- die Praxis in den ersten Monaten der Einarbeitung in der Regel erstmal Geld kostet, ohne dass er für die Praxis zusätzlichen Umsatz generiert. Grundsätzlich kann man rechnen, dass jeder Assistent das 3- bis 4-fache seines Bruttogehalts an Umsatz erwirtschaften muss, damit er sich für die Praxis rechnet.

Generationenverständnis muss gefördert werden

Hinzu kommt eine scheinbar grundsätzlich unterschiedliche Einstellung der Generationen zu den Themen Leben und Arbeiten. Die heutigen 25- bis 30-Jährigen haben einen anderen Anspruch als Inhaber mit 50 bis 60 Jahre.

So ist der allzeit bereite Gemischtpraktiker, der sich seinem Job rund um die Uhr mit hohem Einsatz und Leidenschaft widmete und dabei Freunde, Familie und Freizeit weitestgehend hinten anstellte, heute fast schon vom Aussterben bedroht. Er wird abgelöst durch eine neue Generation mit einem veränderten Lebensanspruch. Heute sind Freizeit für Familie und Freunde, geregelte Arbeitszeiten und eine gute Work-Life-Balance wichtiger als eine monetäre Karriere. Dennoch wünscht man sich ein auskömmliches Einkommen. So hielten es 37% der Anwesenden für realistisch, in den ersten beiden Berufsjahren für eine Vollzeitstelle 2.500-3.000 EUR brutto für eine Vollzeitstelle verdienen zu können. 12 % strebten bereits ein Gehalt von mehr als 3.000 EUR brutto an. Das ist auch das Ergebnis einer Studie des Dessauer-Zukunftskreises, die Hubertus Keimer als Podiumsteilnehmer (IDT Biologika) hier vorstellte. Demnach sind 95% der Studierenden der Meinung, dass ein anspruchsvoller Beruf auch gut bezahlt werden müsse.

Dabei scheint die Tatsache, dass Tiere häufig auch außerhalb der üblichen Geschäftszeiten krank werden, schon einmal verdrängt zu werden. Oder ist die häufig von den Inhabern monierte geringe Bereitschaft für Not- und Nachtdienste sowie Wochenenddienste anders zu erklären?

Lob und Anerkennung erwünscht

Auf der anderen Seite hat man vielfach den Eindruck, viele Praxisinhaber sind der Meinung, Lob und Anerkennung sind schmerzhaft oder bekommen den Assistenten nicht. Warum sonst könnte es ihnen so schwer fallen, hin und wieder die Leistungen der Assistenten zu würdigen oder das Erreichen von Zielvereinbarungen zu belohnen?

Dennoch stimmten die Anwesenden mit Dr. Moder überein, dass der Beruf Tierarzt „einer der schönsten Berufe ist, die es gibt“. Auf die TED-Frage „Würden Sie noch einmal Tiermedizin studieren?“ antworteten immerhin 46% mit „Ja, bestimmt“ und 29% mit „Vielleicht, wenn sich was bessert“. Allerdings sollte man als Universität und Berufsverband auch aufmerken, wenn 24% der Anwesenden sich nicht noch einmal für das Studium der Veterinärmedizin entscheiden würden.

In der zweiten Veranstaltungshälfte nach der Pause ging es dann vornehmlich um Arbeitszeiten und Arbeitszeitmodelle inkl. Arbeitszeiterfassung. Hierzu stellte Dr. Marx die von ihm in seiner Praxis praktizierte Zeiterfassung und die aus seiner Sicht damit einhergehenden Vor- und Nachteile vor. Einig waren sich die Anwesenden jedoch darüber, dass die Vorteile deutlich überwiegen und dass klare Absprachen und Regelungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wesentlich sind für eine gute Stimmung im Team.

In der Diskussion stellte sich zudem heraus, dass nicht alle Arbeitgeber über die geltenden gesetzlichen Bestimmungen und juristischen Vorgaben zu Arbeitszeiten und Überstundenregelungen ausreichend Bescheid wissen. Hier besteht Informationsbedarf.

Fazit

Allein die große Anzahl Teilnehmer (Studierende, Assistenten und Inhaber) von mehr als 100 Personen und die rege Diskussionsbeteiligung, spiegelte den bestehenden Gesprächsbedarf zu dem Thema wider. Dies sollte die Veranstalter ermutigen, sich mit der Situation der Assistenztierärzte in Deutschland, den Ansprüchen der jungen Generation inkl. der Problematik einer zunehmenden Feminisierung, aber gleichzeitig auch mit den Gegebenheiten in der Praxis und den Problemen sowie der Verantwortung der Inhaber stärker auseinander zu setzen.

Ziel muss eine bessere Verständigung und ein größeres Verständnis der Generationen und ihrer Erwartungen untereinander sein.

Aber auch konkrete Hilfestellungen von Seiten der Berufsverbände, Universitäten, Praktikern und Studierenden für den Dialog und mehr konkrete Vorschläge für eine leistungsgerechte Bezahlung sind wünschenswert, wie es bereits in den Arbeitskreisen des bpt passiert.

Dr. Julia Henning
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