Landtierarztmangel - hier ist auch der Staat gefragt

Landtierarztmangel - hier ist auch der Staat 
gefragt
Landtierarztmangel - hier ist auch der Staat gefragt


In Deutschland werden trotz voll ausgelasteter Studienm�glichkeiten die Tier�rztInnen knapp. Der Tier�rztemangel macht sich vor allem in strukturschwachen Regionen bemerkbar. Der Bundesverband der praktizierenden Tier�rzte (bpt) spricht von einem Landtier�rztemangel, der unterschiedliche Ursachen hat. �ber diese Ursachen und L�sungsm�glichkeiten diskutierten Dr. Holger Vogel (Pr�sident Bundesverband beamteter Tier�rzte, BbT), Dr. Uwe Tiedemann (Pr�sident der Bundestier�rztekammer, BTK), Dr. Henriette Mackensen (Abteilungsleiterin Heimtiere Deutscher Tierschutzbund), Eberhard Hartelt (Pr�sindent des Bauern- und Winzerverbands,BWV) und Dr. Siegfried Moder (Pr�sident des bpt) im Rahmen der Internationalen Gr�nen Woche in Berlin am 24. Januar 2019 auf Einladung des bpt auf dem Erlebnisbauernhof. Thema der Podiumsdiskussion: Landtierarztmangel � was ist jetzt zu tun? Moderiert wurde die Diskussionsveranstaltung von J�rg Held (wir- sind-tierarzt).

Einig waren sich die Anwesenden �ber das Problem, dass junge Leute nicht oder nur sehr schwer zum Arbeiten in strukturschwachen l�ndlichen Regionen zu gewinnen sind, da das gesamte Umfeld und die Lebensbedingungen nicht zu den pers�nlichen Zukunftspl�nen passen. Zudem haben immer weniger Absolventen einen landwirtschaftlichen und damit nutztiergepr�gten famili�ren Background. Entsprechend rar sind die Verbindungen zu Nutztieren und der Nutztierpraxis. Eine Kooperation zwischen Landwirtschaft und Tier�rzteschaft k�nnte daf�r sorgen, dass die angehenden Tier�rztinnen und Tier�rzte die Sonnenseite dieses Berufes besser kennen und sch�tzen lernen k�nnen, schl�gt Hartelt vor.

An dieser Stelle wurde auch hinterfragt, ob die Auswahl der Studierenden bzw. die aktuellen Zulassungsbedingungen denn nach Beendigung des Studiums auch die �richtigen� Berufsanf�nger hervorbringt, insbesondere in Bezug auf den Bedarf. Aktuell erfolgt die Zulassung zum Studium, das sich nach wie vor gro�er Beliebtheit erfreut (4,5 Bewerber pro Studienplatz), zum gr��ten Teil aufgrund des NCs. Je nach Studienjahrgang liegt der Frauenanteil in den letzten 15 Jahren zwischen 85 und teilweise sogar 100%.

Obgleich sich alle Anwesenden einig waren, dass es bei der Aus�bung der tier�rztlichen T�tigkeit keinen Gender-bedingten Unterschied gibt und �viele Frauen wirklich auch in der Nutztierpraxis einen sehr guten Job machen�, bleibt es Fakt, dass 25% der Absolventen niemals einen tier�rztlichen Beruf ergreifen und eine gro�e Zahl der Frauen nach der Babypause nicht mehr in den tier�rztlichen Beruf zur�ckkehren. Dennoch, mehr M�nner zum Studium zuzulassen, ist in den Augen von Dr. Tiedemann auch nicht die L�sung. Stattdessen sieht er die Einf�hrung der sogenannten Talentquote beim Zulassungsverfahren von 10% positiv. Hier wirken sich k�nftig anstelle der Wartezeit nun der eigene Lebenslauf und individuelles Engagement positiv aus.

Weiterhin m�sse die Wertsch�tzung des Tierarztes in Deutschland wieder steigen und die Bereitschaft, f�r gute Leistung entsprechend zu zahlen. Dies m�sse von den Tierhaltern unterst�tzt werden sowie indirekt von den Verbrauchern, indem die Bereitschaft, f�r Lebensmittel h�here Preise zu zahlen, ebenfalls steigt.

Das Strukturproblem betrifft aber auch andere tier�rztliche Berufsfelder. So ist der tier�rztliche Nachwuchs hier auch in der Pferdepraxis sowie im �ffentlichen Dienst knapp. Dem k�nnte durch gute und motivierende Praktika entgegengewirkt werden. Denn durch Praktika �kann man sich den eigenen Nachwuchs heranziehen�. �Dies gelingt aber nur, wenn man die Praktikanten nicht g�ngelt, sondern sie motiviert�, so Dr. Vogel. Die Tierarztpraxis tut gut daran, bereits fr�hzeitig um den Nachwuchs zu werben. Ausk�mmliche Geh�lter allein �berzeugen die jungen Leute heute l�ngst nicht mehr allein, sich f�r eine Arbeitsstelle zu entscheiden. Wichtig sind eine gute Work-Life- Balance, geregelte Arbeits- und Urlaubszeiten, �berschaubare Not- und Wochenenddienste, Anerkennung und ein angenehmes Arbeitsklima sowie ansprechende Lebensbedingungen.

Den strukturellen Problemen entgegenzuwirken sei jedoch auch Sache des Staates. Hierzu geh�ren M�glichkeiten der Kinderbetreuung, Schulen, eine ausreichend gute Infrastruktur sowie M�glichkeiten der Freizeitgestaltung. Es m�sse jedoch auch dar�ber diskutiert werden, ob der Staat nicht k�nftig auch finanziell zum Erhalt der Nutztierpraxen beitragen sollte oder m�sste, da es sich insbesondere bei der immer weniger werdenden Notdienstabdeckung auch um ein Tierschutzproblem handle. Nicht selten m�ssten Tierhalter bereits heute in strukturschwachen Gegenden bis zu 100 km oder mehr bis zum n�chsten Notdienst zur�cklegen oder u.U. Stunden warten, bis der Tierarzt eintrifft � nicht selten zu sp�t, um dem Tier zu helfen.

Zudem m�ssen auch die Sicherheit der tierischen Lebensmittel sowie die Tierseuchenbek�mpfung k�nftig weiter gew�hrleistet werden k�nnen. Mit Hinblick auf die Afrikanische Schweinepest sowie auf die gerade wieder in mehreren Bundesl�ndern grassierende Blauzungenkrankheit kein irrationales Problem. �Es entwickeln sich Defizite und es ist wichtig, dass diesen rechtzeitig entgegengewirkt wird�, so Moder.

Der bpt hatte zuvor schon den bpt- Neujahrsempfang in der �sterreichischen Botschaft in Berlin zum Anlass genommen, auf diese aktuellen berufspolitischen Themen einzugehen. Auch hier forderte er die Politik auf, sich endlich um die tier�rztliche Versorgung auf dem Lande, im Notdienst und im Notfall zu k�mmern, um dem um sich greifenden Fl�chenbrand entgegenzuwirken. Notwendig seien klare Signale und schnelle L�sungen, z. B. durch eine Anpassung der Geb�hrenordnung (Notdienstgeb�hr ontop) und die Flexibilisierung beim Arbeitszeitgesetz. Eine effektive ASP-Bek�mpfung funktioniere ganz sicherlich nicht, wenn angestellte Tier�rztinnen und Tier�rzte bei punktgenauer Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes nach maximal 10 Stunden nach Hause gehen m�ssten, so der bpt-Pr�sident. Moder stellte klar, dass seiner Meinung nach das Arbeitszeitgesetz nicht �ber dem Tierseuchengesetz, dem Tierschutzgesetz oder den Heilberufsgesetzen stehen darf. Hier m�sse die Politik nachjustieren.

Andererseits sahen die Anwesenden auf der Gr�nen Woche auch den Staat in der Pflicht, die strukturellen Probleme wie fehlende bzw. mangelnde Kinderbetreuung, Schulen, Infrastruktur, Lebensqualit�t und Freizeitgestaltungsm�glichkeiten zu beheben, um das Land als Wohn- und Arbeitsort wieder attraktiv zu machen. Dar�ber hinaus f�hrten diese Strukturprobleme ja nicht nur zu einem Tier�rztemangel, sondern bedeuten f�r ganze Regionen das Aus.

Sehen Sie sich zum Thema Landtierarztmagel auch den Bericht des Bayerischen Rundfunks an.

Fazit
Nicht viel Neues, aber das ein oder andere einmal klar formuliert und adressiert. Fest steht, es muss an vielen Fronten etwas passieren, um auch k�nftig die Versorgung von Haus- und Nutztieren in l�ndlichen Regionen sowie die Sicherheit von tierischen Lebensmitteln und die Tierseuchenbek�mpfung weiter gew�hrleisten zu k�nnen. Der Staat kann sich seiner Verantwortung an dieser Stelle nicht entziehen.

Dr. Julia Henning
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