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Interview mit dem Insektenlover Frank Nischk

01.12.2020

Stephanie Müller – Strauß Autor des Buches Die fabelhafte Welt der fiesen Tiere

Biologe Frank Nischk ist fasziniert von Krabbeltieren wie Kakerlaken, Wanzen, Asseln, Heuschrecken und Co. Daher hat er ein Buch mit vielen kurzweiligen Kurzgeschichten über die Krabbeltiere von hier bis zum tropischen Regenwald geschrieben: Die fabelhafte Welt der fiesen Tiere.

Warum er sich selber als Insektenlover bezeichnet und woher seine Faszination für die teilweise akut vom Aussterben bedrohten Insektenspezies kommt, verrät der preisgekrönten Natur- und Tierfilmer aus Köln Vetion.de in einem exklusiven Interview.

Herr Nischk, was fasziniert Sie an Tieren, die bei den meisten Menschen eher ein Gefühl des Ekels erzeugen?

Es kommt meiner Meinung nach darauf an, was man in einem Tier sucht. In einem süßen Hund sehen wir einen guten Freund, ja vielleicht sogar den besseren Menschen. Diese Art von Tierliebe ist eine schöne Sache, doch sie schließt nur solche Arten ein, in denen wir etwas Menschliches oder Süßes finden. Dass sich andere wie ich auch für Spinnen, Heuschrecken oder auch Quallen begeistern, hat mit einer Portion Forschergeist zu tun. Es ist einfach spannend zu sehen, auf wie vielen Wegen sich Leben durchsetzen kann. Schaben zum Beispiel gibt es seit fast 300 Millionen Jahren auf der Erde. Seitdem sind Tyrannosaurus, Mammut und Dodo ausgestorben. Warum das so ist, das begeistert mich und beantworte ich in meinem Buch.

Glauben Sie, dass Ihr Buch es schafft, bei den Menschen Sympathie und Verständnis für diese Tierarten zu wecken, von denen viele als akut bedroht einzustufen sind?

Ich glaube, dass ich offene Türen einrenne. Viele Menschen sind ja gut informiert beispielsweise über das Insektensterben. Es gibt viele, die Wildbienen ein Bisschen Raum im eigenen Garten schaffen wollen. In Bayern haben Millionen Menschen ein Volksbegehren unterschrieben, den Naturschutz zu verstärken. Ich glaube, man muss gar nicht noch mehr Sympathie wecken, sondern eher Lösungen aufzeigen. Außerdem möchte ich einfach auch unterhalten – mit den witzigsten Geschichten aus meinem Leben als Schaben- und Urwaldforscher.

Was war Ihr spannendstes Erlebnis während Ihrer Recherchearbeit im tropischen Regenwald?

Für mich persönlich ist das spannendste immer noch das unfassbare Tierstimmenkonzert zum Sonnenuntergang. Wenn zig Arten von Zikaden, Grillen, Fröschen und Vögel durcheinander zirpen, quaken und singen. Dann kann man die riesige Vielfalt der Regenwälder ganz direkt spüren. Aufregend war aber auch ein anderes Erlebnis: Als meine kleine Forschungshütte einem riesigen Schwarm von Treiberameisen im Weg stand. Da hieß es, schnell zum Besen greifen und gegen die Massen von Krabblern anfegen. So ein Schwarm kann aus Hundertausenden einzelnen Ameisen bestehen, ein unfassbares Erlebnis. Am Ende brannten vom vielen Fegen aber meine Arme.

Wie reagiert Ihr privates Umfeld auf Ihre ungewöhnliche Passion?

Zum Glück für meine Mitmenschen sind Insekten nicht meine einzige Passion. Ich sammele oder züchte die Tiere ja auch nicht. Heute geht es mir als Wissensjournalist und Filmemacher viel mehr darum, die größeren Zusammenhänge zu zeigen. Und auch positive Geschichten von Menschen zu erzählen, die die letzten Nebelwälder in den Anden schützen. Oder davon, welch erstaunliche Geschichten sich in einem schnöden Baggersee zutragen können, wenn man der Natur eine zweite Chance lässt. Für uns Biologen zählt eine Stinkwanze letztlich genauso viel wie ein Löwe, alles hat seine Berechtigung.

Was wünschen Sie sich für die Insekten für das Jahr 2021 und was kann jeder „zuhause“ unternehmen, um Insekten besser zu schützen?

Erstmal kann jeder den eigenen Garten so gestalten, dass Insekten Lebensräume finden. Verwilderte Bereiche, eine Totholzecke, Wiese statt Rasen – da gibt es gute Tipps bei den Naturschutzorganisationen. Allerdings reicht das nicht, um das Artensterben zu stoppen. Ich denke, man sollte auch etwas Druck auf seine Gemeinde machen, wie ökologisch das größere Konzept ist. Welchen Raum bekommen Tiere und Pflanzen in unserer Kulturlandschaft? Könnte man nicht zum Beispiel besonders selten gewordene Biotope auf öffentlichen Flächen ganz neu erschaffen? Ich denke an Feuchtgebiete, Trockenrasen und Brachflächen in den Städten. ‚Sterile‘ Stadtparks haben wir doch eigentlich genug.

Die fabelhafte Welt der fiesen Tiere (ISBN: 978-3-453-28114-1) ist am 2. März 2020 im Ludwig Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich.

Außerdem verlost Vetion.de 2 Exemplare des Buchs im Vetion.de-Adventskalender im VETS-Bereich am 11. Dezember. Eine weitere Gewinnchance haben Tierärztinnen und Tierärzte auch beim News-Quiz im VETS-Bereich. Hier verlosen wir ein Exemplar. Mehr über das Buch erfahren Sie auch in unserer Rezension.