Die Zahl der wertvollen Habitatsflächen in Deutschland reduziert sich täglich, mit ihnen schwinden immer mehr Tier- und Pflanzenarten. Die biologische Vielfalt schrumpft zunehmend, was die Leistungsfähigkeit und Funktionsweise von Ökosystemen wiederum negativ beeinflusst. Das zeigt der gerade veröffentlichte wissenschaftliche Bericht „Faktencheck Artenvielfalt“ (FA). Für die aktuelle Ausgabe haben rund 150 Wissenschaftler:innen die Erkenntnisse aus über 6.000 Publikationen ausgewertet und in einer eigens dafür entwickelten Datenbank zusammengeführt.
„Der Faktencheck Artenvielfalt ist weltweit eines der ersten Beispiele, wie große internationale Berichte – wie die globalen und regionalen Assessments des Weltbiodiversitätsrates IPBES – auf einen nationalen Kontext zugeschnitten aussehen können; mit dem Ziel, Handlungsoptionen für die konkrete nationale und subnationale Politik aufzuzeigen und zu entwickeln“, erklärt Christian Wirth, Professor an der Universität Leipzig und Mitherausgeber des FA.
Die Bestandsaufnahme zeigt, dass ein Drittel der Arten in Deutschland gefährdet sowie etwa drei Prozent bereits ausgestorben sind. Insgesamt sind 60 % der 93 untersuchten Lebensraumtypen in einem unzureichenden oder schlechten Zustand. „Die Zeitreihen zeigen, dass sich die Trends der Lebensräume und Populationen nun auch in der biologischen Vielfalt von Lebensgemeinschaften niederschlagen. Naturnahe Lebensgemeinschaften beginnen an Arten zu verarmen. Gleichzeitig sehen wir eine beschleunigte Verschiebung hin zu neuartigen Lebensgemeinschaften mit zunehmendem Anteil gebietsfremder Arten“ sagt Jori Maylin Marx, Wissenschaftlerin an der Universität Leipzig und Mitherausgeberin des FA.
Jedoch zeigt der FA auch positive Entwicklungen einiger Artengruppen und Lebensräume, z.B. durch die Verbesserung der Wasserqualität unserer Flüsse und die Förderung natürlicher Strukturelemente in Wäldern und in der Agrarlandschaft. „Das zeigt, dass wir mit gezielten Maßnahmen den Biodiversitätsverlust stoppen können,“ erklärt Nina Farwig, Professorin an der Universität Marburg und FA-Mitherausgeberin. „Für eine echte Trendwende müssen wir die Natur verstärkt wiederherstellen. Vor allem aber müssen wir lernen, mit der Natur zu wirtschaften – nicht gegen sie. Das kann auch bedeuten, dass wir ökologische Folgekosten in Wirtschaftsberichten bilanzieren. Vor allem müssen neue biodiversitätsbasierte Landnutzungssysteme entwickelt werden. Moderne Technologien können hierbei helfen“.
Der wissenschaftliche Bericht „Faktencheck Artenvielfalt. Bestandsaufnahme und Perspektiven für den Erhalt der biologischen Vielfalt in Deutschland“ steht online zum kostenlosen Download auf der Seite der Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt (FEdA) bereit.