Der Golfstrom sorgt dafür, dass in den anliegenden Ländern im Norden und Westen Europas weit mildere Temperaturen herrschen als in Regionen auf vergleichbaren Breitengraden. Zusätzlich zu der Wärme, die die gewaltigen Meeresströmungen aus den Tropen in den Nordatlantik bringt, wirkt sich der Golfstrom massiv auf das Weltklima insgesamt sowie die globale Niederschlagsverteilung aus.
Die sogenannte Atlantische Umwälzbewegung (Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC), zu der auch der Golfstrom gehört, wird jedoch immer schwächer. Die Zirkulation wird durch mehrere Faktoren gebremst. Zum einen, dass sich der Salzgehalt im Nordatlantik durch das schmelzende Eisschild Grönlands verringert und zum anderen, dass die Erwärmung des Nordatlantiks größer als die der tropischen Meere ist. Beides verringert das Absinken großer Wassermassen in tiefere Schichten – was als wichtiger Antrieb für die Umwälzzirkulation gilt.
Ein Forschungsteam um den britischen Meeresbiologen Jonathan Baker vom Met Office in Exeter hat die Strömungsentwicklung aus dem Atlantik bis zum Jahr 2100 mit Hilfe eines groß angelegten Computermodells simuliert. Die Simulationen zeigen zwei extreme Szenarien bis 2100: einerseits eine Vervierfachung der Kohlendioxidmenge in der Atmosphäre gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter, andererseits große Mengen Süßwasser, die als Schmelzwasser in den Nordatlantik fließen. Zudem konzentrierten sie sich auf die Orte, an denen das Wasser der kalten Tiefenströmung wieder an die Oberfläche gelangt.
In ihrer Studie kommen die Wissenschaftler:innen zu dem Schluss, dass die AMOK aber trotzdem weiter zirkulieren wird – und zwar, weil das Strömungssystem maßgeblich auch durch starke Winde im Südlichen Ozean (Südpolarmeer) angetrieben wird. „Wir haben gezeigt, dass der durch den Wind angetriebene Auftrieb im Südlichen Ozean einen AMOK-Zusammenbruch unter extremen Klimabeeinflussungen in CMIP6-Klimamodellen verhindert“, schreiben die Studienautoren.
Niklas Boers, Professor für Erdsystemmodellierung an der TU München, weist darauf hin, dass sich bei einer starken Abschwächung der AMOK nicht nur Europa stark abkühlen würde. „Es dürften sich auch die Niederschlagsmuster in den Tropen ändern und die Monsunsysteme in Südamerika, Afrika und Asien verschieben. Praktisch – also aus Perspektive der Folgen – wäre eine starke Abschwächung ähnlich schlimm (wie ein Kollaps)“, so Boers.