Neues Antibiotikum hochwirksam auch gegen Krankenhauskeime
Ein neu entdecktes Antibiotikum zeigt sich auch gegen einige multiresistente Bakterien äußerst wirksam. Clovibactin wurde von Forschenden der Universität Bonn entschlüsselt, dessen Wirkstoff sie gemeinsam mit weiteren niederländischen und US-Wissenschaftler:innen aus einem Bodenbakterium im US-Bundesstaat North Carolina isoliert hatten.
„Das neue Antibiotikum attackiert gleichzeitig an mehreren Stellen den Aufbau der bakteriellen Zellwand, indem es essentielle Bausteine blockiert", betont die Bonner Wissenschaftlerin Tanja Schneider. Mit Hilfe der sogenannten iCHip-Apparatur war es den Forschenden möglich, bislang als unkultivierbar geltende Bakterien im Labor zu züchten, die zu der Entwicklung des neuen Antibiotikums führten. Versuche mit Mäusen zeigten eine sehr gute Aktivität gegen viele bakterielle Krankheitserreger. Wie die Expert:innen erklärten, seien schnelle Resistenzen gegen Clovibactin unwahrscheinlich.
Das Fortbildungsportal VetMAB – Antibiotikaminierung im Stall bietet Tierärzt:innen und Landwirt:innen ein umfassendes Angebot an E-Learningkursen und stellt bewährte Management-Tipps bereit, die sich einfach in den Stallalltag mit Rind, Schwein und Geflügel integrieren lassen.
Tierheime fordern mehr Unterstützung
Spätestens mit der Corona-Pandemie sind die Tierheime in Deutschland an ihre Grenzen gekommen. Denn während der monatelangen Lockdowns und dem einhergehenden Arbeiten im Home-Office haben sich unzählige Menschen hierzulande ein Haustier zugelegt. Doch die allgemeine Rückkehr an den Arbeitsplatz sowie die, durch die Inflation gestiegenen, Preise haben zahlreiche Tierhalter:innen dazu veranlasst, ihre vierbeinigen Familienmitglieder im Tierheim abzugeben. „Corona ist abgeflacht, die Leute gehen wieder arbeiten. Der Hund muss weg, weil er nicht funktioniert. Und die Inflation sorgt für höhere Futterpreise, die Tierarztkosten sind um das Zwei- bis Dreifache gestiegen“, sagt Jasmin Pulver, Leiterin des Tierheims am Hülserkamp.
Gleichzeitig seien die finanziellen Spenden aber stark rückläufig, so Pulver. In einer Online-Petition richtet sich das Bündnis Schattenhund, ein Zusammenschluss von Tierheimen, an den Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, sowie Ariane Kari, Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung, und fordert neben mehr finanzieller Unterstützung auch ein strengeres Vorgehen gegen den illegalen Welpenhandel. Zudem wollen die Tierschützer:innen erreichen, dass Neuhundehalter:innen ihre Befähigung nachweisen müssen, damit weniger Hunde wieder im Tierheim landen.
Task Force Kälbergesundheit mit ersten Ergebnissen
Im März 2023 ist die sogenannte Task Force Kälber 2030 ins Leben gerufen worden. Ziel dieser Task Force, deren Mitglieder sich aus verschiedenen Organisationen, Tierärzt:innen und Branchenvertreter:innen sowie Bundesämtern und der Rindergesundheit Schweiz zusammensetzt, sind die Verbesserung der Kälbergesundheit und die Verminderung des Einsatzes von Antibiotika für die Schweiz.
Am 26. Juli 2023 fand die zweite Sitzung der Task Force statt, auf der sich die Mitglieder einstimmig für die Impfung von Kälbern auf den Geburtsbetrieben aussprachen. Bis zur kommenden Sitzung im Oktober 2023 sollen die Details zur Umsetzung ausgearbeitet sein.
Neben der geplanten Bewerbung und Verteilung der Checklisten des Kälbergesundheitsdienstes stand auch der neue Projektentwurf des Kälbergesundheitsdienstes (KGD) zur systematischen Bekämpfung von Mycoplasma bovis im Fokus der Diskussionen. Ein weiterer Diskussionspunkt war die Initiative des KGD, die Raus-Anforderung (regelmäßiger Auslauf ins Freie) einer ungedeckten Auslauffläche für junge Kälber aus der Direktzahlungsverordnung streichen zu lassen. Die Task Force schließt sich ebenfalls dieser Initiative an.
Borchert-Kommission verweigert sich weiterer Zusammenarbeit
Das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung, auch als Borchert-Kommission bekannt, stellt seine Arbeit ein. „Die politischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Empfehlungen des Kompetenznetzwerks wurden somit weder in der vorherigen Legislaturperiode noch in den ersten zwei Jahren der laufenden Legislaturperiode geschaffen. Auch der Entwurf des Bundeshaushalts 2024 lässt den notwendigen Durchbruch nicht erkennen. Das Kompetenznetzwerk beendet deshalb seine Arbeit", heißt es in einem von der Kommission veröffentlichten Statement vom 22.8.2023.
Weiter heißt es dort: „Das Kompetenznetzwerk hält eine deutliche Anhebung des Tierwohlniveaus in der gesamten deutschen Nutztierhaltung weiterhin für machbar und dringend erforderlich. Es ist – auch unter erschwerten geopolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – eine Frage des politischen Gestaltungswillens, entsprechende Entscheidungen zu treffen und umzusetzen."
Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) bedauert den Schritt. Das Ende der Kommission zeige die fehlende Bereitschaft insbesondere des Bundeslandwirtschaftsministeriums, einen klaren, praktikablen Weg für den Umbau der Nutztierhaltung vorzuzeichnen, stellte der ZDG in einer ersten Reaktion fest. Friedrich-Otto Ripke, ZDG-Präsident und Mitglied der Borchert-Kommission, kritisierte, weder die Vorgängerregierung noch die Ampelkoalition seien in der Lage gewesen, sich ihrer großen Verantwortung zu stellen und den Nutztierstandort Deutschland zukunftssicher zu machen. Dies sei ein klares politisches Versagen. Die Bundesregierung habe eine einmalige Chance verpasst, die zahlreichen guten und praktikablen Vorschläge der Borchert-Kommission umzusetzen.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Die Grünen) bedankte sich unterdessen bei den Mitgliedern des Kompetenznetzwerkes und hob dabei besonders den Kommissionsvorsitzenden Jochen Borchert hervor. „Ich bin entschlossen, diesen Weg fortzusetzen und die Ziele der Borchert-Kommission Schritt für Schritt zu erreichen", sagte Özdemir in einer Presseerklärung vom 22.8.2023.
Niedersachsen fördert Alternativen zur Schweinehaltung
Noch bis zum Ende August können Landwirt:innen einen Antrag für Unterstützung durch das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen einreichen. In diesem Jahr werden schweinehaltende Betriebe, die ihre Bestände abstocken oder ganz aufgeben wollen, bevorzugt behandelt.
„Schweinehaltende Betriebe erleben derzeit große wirtschaftliche Unsicherheiten – nicht zuletzt durch die sinkende Nachfrage nach Schweinefleisch. Veränderungsbereiten Betrieben möchte ich daher dabei helfen, alternative Standbeine aufzubauen. Mit dem AFP setzen wir jetzt einen weiteren wichtigen Baustein unseres Diversifizierungsprogramms um“, erklärt Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte. Mit dem Programm fördert das Land unter anderem Investitionen in die Tierhaltung – etwa durch die Schaffung oder Modernisierung von Stallplätzen.
Voraussetzungen für Behandlung durch Landwirt:innen
In bestimmten Fällen ist es den Landwirt:innen erlaubt, ihre Tiere selber zu behandeln. Darunter fallen das Durchführen von Impfungen, die orale Verabreichung und äußerliche Anwendung von Tierarzneimitteln sowie das Nachbehandeln akut erkrankter Tiere oder Tiergruppen. Die Voraussetzungen dafür sind jedoch, dass der Bestand regelmäßig von einer/m Veterinär:in betreut und mindestens vierteljährlich auf mögliche Tierseuchen untersucht wird. Die Landwirt:innen sind zudem verpflichtet, die Arzneimittel ausnahmslos über den behandelnden Tierarzt zu beziehen und einem vorliegendem Anwendungsplan zu folgen.
Im Rahmen einer ordnungsgemäßen Behandlung sowie nach vorangegangener Untersuchung dürfen die Landwirt:innen ihre Tiere bedingt selber behandeln. Je nach Bundesland sind die Regelungen für eine Behandlung jedoch unterschiedlich.
Kündigungsprozess von Amtstierarzt in nächster Instanz
Ein Rechtsstreit zwischen einem Amtstierarzt und dem Kreis Gütersloh beschäftigt derzeit das Landesarbeitsgericht Hamm. Im Fokus steht die nicht fachgerechte Tötung von drei Ferkeln im Juni 2022 durch den beim Kreis Gütersloh angestellten Tierarzt. Dieser hatte die fristlose Kündigung erhalten, nachdem bekannt geworden war, dass er während einer Schlachttieruntersuchung drei Ferkel in einem Wassereimer ertränkt hatte.
Das Arbeitsgericht Bielefeld erkannte die Kündigung jedoch als unwirksam an. Gegen dieses Urteil legte der Kreis Gütersloh anschließend Berufung ein. Am 15. August 2023 fand vor dem Landesarbeitsgericht Hamm nun der erste Berufungstermin statt, eine Entscheidung ist jedoch noch nicht ergangen. Die befasste Berufungskammer teilt die Einschätzung des Arbeitsgerichts Bielefeld nicht uneingeschränkt und hat eine Beweisaufnahme in Aussicht gestellt. Weiterhin hat die Kammer einen Vergleich vorgeschlagen, den die Parteien nun außergerichtlich weiter ausformen und verhandeln wollen. Sollte die Verhandlungen zu keinem Ergebnis führen, könnte es schon im Oktober 2023 zur Fortsetzung kommen.
Am 14. und 15. September 2023 findet die diesjährige Tierschutztagung statt, die sich vornehmlich an Tierärzt:innen im Öffentlichen Dienst richtet. Die Tagung ist sowohl als Präsenzveranstaltung als auch als Live-Online-Seminar buchbar.
Photodynamische Therapie bekämpft multiresistente Keime
Pro Jahr sterben weltweit rund 5 Millionen Menschen an Infektionen, die auf resistente Bakterien zurückzuführen sind. Antibiotikaresistente Erreger treten häufig dort auf, wo viele Antibiotika eingesetzt werden, wie in Kliniken oder auch in der Landwirtschaft. Multiresistente „Krankenhauskeime" nutzen Verletzungen und frische Operationswunden als Eintrittspforte oder befallen immungeschwächte Patient:innen.
Wie ein Bericht des Robert Koch-Institus (RKI) im vergangenen Jahr ergab, war Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) in allen G7-Staaten die häufigste Todesursache durch antimikrobielle Resistenzen (AMR). Einem chinesischen Forscherteam ist es nun gelungen, eine molekulare „Singulett-Sauerstoff-Batterie“ zu entwickeln, die mit reaktivem Sauerstoff „beladen“ wird, den sie in tiefen Gewebeschichten freisetzt und zielgerichtet Methicillin-resistente Staphylokokken angreift.
Der neue Ansatz der Forschenden um Bingran Yu und Fu-Jian Xu von der Beijing University of Chemical Technology ist die photodynamische Therapie, mit der auch tiefsitzende bakterielle Infektionen bekämpft werden können, da weder Licht noch externer Sauerstoff benötigt werden. Ein an einen speziellen stickstoffhaltigen Kohlenstoff-Sechsring (Pyridon) gebundenes Peptid „erkennt“ spezifisch MRSA-Bakterien, sodass sich die molekularen Batterien in und an den Bakterien anreichern und hier kontinuierlich Singulett-Sauerstoff abgeben. Durch ein Bekämpfen der Bakterien an verschiedenen Stellen gleichzeitig wird eine Resistenzentwicklung so gut wie unmöglich gemacht.
Weniger Antibiotika in deutschen Schweinehaltungen
Der aktuelle Bericht zum Antibiotikamonitoring der QS Qualität und Sicherheit GmbH hat ergeben, dass die Menge an verabreichten antibiotischen Mitteln an Schweine im Jahr 2022 erneut gesunken ist. Im Vorjahresvergleich reduzierte sich die verabreichte Menge bei Mastschweinen um knapp 14 %, bei Sauen um 9 %, bei Saugferkeln um 8 % und bei Aufzuchtferkeln sogar um rund 20 %. QS wertet den sinkenden Verbrauch als einen besonderen Erfolg bei der Bestandsbetreuung und nicht als Folge des Bestandsabbaus.
Diesen Zusammenhang hatte Silvia Bender, Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), nach Auswertung der durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gelieferten Zahlen Anfang August 2023 aufgezeigt. „Die QS-Zahlen aus dem Jahr 2022 zeigen, dass die Rückgänge bei den Antibiotikamengen nicht auf geringere Tierbestände zurückzuführen sind“, betont Sabrina Heß, QS-Teamleiterin Tiergesundheit. Im Gegensatz zum BVL, das die gesamten Abgabemengen von Antibiotika an alle Veterinäre erfasst, nehme QS zweimal jährlich tierartspezifische Auswertungen vor. „Damit setzen wir die durchschnittliche Anzahl an Tieren auf dem jeweiligen Betrieb ins Verhältnis zur de facto verabreichten Antibiotikamenge“, erläuterte Heß.
Das Ziel der Antibiotikaminimierung im Stall verfolgt auch das Fortbildungsportal VetMAB. In zahlreichen Kursen können sich sowohl Tierärzt:innen als auch Landwirt:innen online fortbilden und so den Verbrauch antibiotischer Tierarzneimittel weiter senken. Für Studierende der Veterinärmedizin ist die Teilnahme an den Online-Kursen auf Myvetlearn.de kostenfrei.
Interaktiver VetmedTalk zu Zoonosen
Immer mehr Zoonosen gefährden die Gesundheit von Mensch und Tier. Unter anderem sorgt der Klimawandel dafür, dass sich Parasiten, die gefährliche Infektionskrankheiten übertragen können, in der ganzen Welt ausbreiten. Inzwischen sind Zecken nicht mehr nur in den Sommermonaten aktiv, sondern überleben auch mildere Winter.
Über den Umgang mit solchen Vektor-Krankheiten informiert der interaktive Online-VetmedTalk „Gesunde Tiere – Alles über Zoonosen, Zecken und Co“ der Veterinärmedizinischen Universität Wien am 7. September um 18.30 Uhr.
Die Expert:innen Nikolaus Huber (Vetmeduni), Anja Joachim (Institut für Parasitologie, Vetmeduni), Katja Silbermayr (Boehringer Ingelheim) sowie Adi Steinrigl (AGES) präsentieren darin aktuelle Themen aus der veterinärmedizinischen Forschung und Praxis und diskutieren ganz im Sinne des One-Health-Gedankens. Die Moderation des Live-Streams wird Bernhard Weingartner, Wissenschaftskommunikator und Initiator des Science Slam Österreich, übernehmen.
Da auch die Beziehung zu unseren Haustieren immer enger und intensiver wird, befasst sich Prof. Dr. Stephan Neumann (Universität Göttingen) in zwei Online-Seminaren auf Myvetlearn.de mit den wichtigsten Zoonosen, die in der Tierarztpraxis sowie der Arztpraxis am häufigsten vorkommen. Er geht dabei sowohl auf den Erreger und seine Übertragung als auch auf das Krankheitsbild bei Mensch und Tier ein. Einzig bei der Therapie wird nur die Behandlung des Tieres näher besprochen.